© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/22 / 22. Juli 2022

Kabinenklatsch
Fair ist das nicht
Ronald Berthold

Eigentlich wollte ich über Robert Lewandowski und die unromantische Söldner-Mentalität unserer Bundesliga-Helden schreiben. Aber das tue ich nun nur am Rande. Denn daß der polnische Superstürmer des FC Bayern nach Barcelona wechselt, lenkt meine Aufmerksamkeit auf die Katalanen. War da nicht was?

Ist zwar schon ein ganzes Jahr her, aber damals habe ich irgendetwas von Rekordschulden und dem drohenden Untergang dieses Weltklubs gelesen. Unter Tränen gab Barca sogar Ikone Messi ab, weil der Klub nicht einmal das halbe Gehalt des Argentiniers hätte bezahlen können. Und jetzt? Da holen die sich einen in der kommenden Saison 34 Jahre alten Bundesliga-Fußballer für insgesamt 50 Millionen Euro? Wie soll das bitte schön gehen? Erst einmal zu den Zahlen. Vor einem Jahr sagte Klub-Präsident Laporta: „Barcelona hat 451 Millionen Euro Nettoschulden und 1,35 Milliarden Euro Bruttoschulden.“ Da kamen mir doch prompt die Verbindlichkeiten unserer Euro-Brüder aus Griechenland und Zypern in den Sinn. Die können ja auch weiter auf den Putz hauen, daß die Heide wackelt. Und so gönnt sich nun auch der Beinahe-Pleiteklub noch ein paar Superstars.

Bereits im Winter kaufte Barca Ferran Torres für 55 Millionen Euro von Manchester City. Von Leeds United kommt Raphinha für 65 Millionen Euro in die spanische Metropole. Und nun noch Lewandowski. Tja, wer nichts hat, der kann trotzdem. Um so zuschlagen zu können, hat der FC Barcelona Teile seiner Fernsehrechte bis 2047 für 207 Millionen verscheuert. Das sind Deals, da kann Christian Lindner noch etwas lernen, wenn er demnächst den Bundeshaushalt frisieren will. Fair ist das nicht.