© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/22 / 05. August 2022

Spannungen zwischen China und USA
Bloß keine Schwäche zeigen
Albrecht Rothacher

Nancy Pelosi hat als Sprecherin des Repräsentantenhauses protokollarisch das dritthöchste Amt in den USA inne. Dementsprechend selbstbewußt tritt die 82jährige auf. Wenn sie beschließt, das demokratisch gewählte Parlament Taiwans zu besuchen, dann bringen sie auch die militärischen Drohungen des Diktators Xi Jingping und die sanften Warnungen ihres Parteifreundes, des Bedenkenträgers Joe Biden, nicht davon ab. Ändern tut auch dieser symbolische Besuch nichts, seit der letzte Sprecher, der Republikaner Newt Gingrich, vor einem Vierteljahrhundert Taipeh besuchte. 

Tatsächlich sind die Drohungen Pekings bislang kaum von großer Schärfe geprägt. Zum Schutz der „chinesischen Souveränität“ wird man mit Kampffliegern den taiwanesischen Luftraum verletzen und hält Flottenmanöver in der Straße von Formosa ab. Das Übliche eben. Ginge Peking weiter, müßten die USA Flugzeugträger schicken, die mittlerweile gegen chinesische Abwehrwaffen verwundbar geworden sind. Dann drohte eine Eskalation, die Biden als zweiten Großkonflikt nach der Ukraine, bei dem diesmal die Amerikaner und nicht die Europäer die Hauptkosten tragen würden, nicht will. 

Beide Staatsoberhäupter haben zudem im Herbst wichtige Wahlen zu bestehen. Xi hofft vor dem Volkskongreß auf eine dritte Amtszeit bis 2027, während die chinesische Wirtschaft nach Immobilienkrise und Corona-Lockdowns vor erheblichen Problemen steht. Biden riskiert bei den „Midterm“-Wahlen seine Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus zu verlieren. Keiner von ihnen kann sich leisten, öffentlich „Appeasement“ oder Schwäche zu zeigen.