© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/22 / 05. August 2022

Zitate

„Die explodierenden Lebenshaltungskosten könnten schon bald zu Massenprotesten in Deutschland führen. Nun sollte man meinen, daß die Ampel-Koalition, die ja immerhin nominell zwei Mitte-Links-Parteien umfaßt, alles dafür tun würde, um soziale Härten abzufedern und den sozialen Frieden zu sichern. Stattdessen (...) überläßt man erneut der politischen Rechten einen Raum, die soziale Frage zu kooptieren. Die mittlerweile obligatorische Portion woker Hochnäsigkeit dürfte die bereits bestehende Abneigung Vieler gegen das politische Establishment noch weiter verstärken – und das ist fatal. Denn die Menschen, die womöglich künftig gegen die blanke Armut auf die Straße gehen, werden politisch so heterogen sein wie die Gelbwesten.“

Jörg Wimalasena, Politischer Korrespondent, in der „Welt“ vom 27. Juli





„Das Verhalten der europäischen Staats- und Regierungschefs hat etwas pathologisch Infantiles an sich: Sie genießen es, auf der Weltbühne herumzustolzieren und große Reden über die ‘Demokratie, die sich gegen die Autokratie behauptet’ zu schwingen, doch scheinen sie sich der realen Konsequenzen ihrer Worte nicht bewußt zu sein. (...) Bei aller Barbarei von Putins Krieg wurde die Existenzgrundlage von Millionen Europäern bereits auf dem Altar der groben Inkompetenz der europäischen Führer geopfert.“

Thomas Fazi, Journalist, auf dem britischen Blog „unherd“ am 27. Juli





„Wer, irritiert vom wetterwendischen Gebaren der FDP, sich an die Union wendet, kommt vom Regen in die Traufe. Zwar stellte der Parteichef Friedrich Merz einen ‘klaren Kurs’ in Aussicht, und sein Generalsekretär Mario Czaja nennt die CDU das ‘bürgerliche Gesicht der politischen Mitte’. Praktisch indes bleibt es bei durchaus zündenden Oppositionsreden für die Galerie bei gleichzeitiger Kungelei mit dem Zeitgeist.“

Alexander Kissler, Kulturredakteur, in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 29. Juli





„Es hätte nie Aufgabe der EZB sein dürfen, den Euro vor den grundlegenden Mängeln der Währungsunion zu retten. Aber ihr Scheitern zeigt den Deutschen, daß die Behauptung ihrer Politiker, das deutsche Wirtschaftsmodell könne die Krise von 2008 überleben, wenn nur die anderen Länder der Eurozone genug sparen, eine Lüge war. Bald werden sie erkennen, daß die Phobie ihrer Eliten vor Konjunkturpaketen zu einem dauerhaften Sozialismus für südeuropäische Oligarchen, französische und deutsche Banker und zahlreiche scheintote Unternehmen geführt hat.“

Yanis Varoufakis, ehemaliger Finanzminister Griechenlands, im „Freitag“ vom 29. Juli





„Insgeheim sind die US-Offiziellen sehr viel beunruhigter über die ukrainische Führung, als sie es sich anmerken lassen. Zwischen dem Weißen Haus und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj herrscht tiefes Mißtrauen – wesentlich mehr als bislang berichtet wurde. Und in Kiew gehen seltsame Dinge vor sich. Am 17. Juli entließ Selenskyj die Generalstaatsanwältin seines Landes und den Leiter des Inlandsgeheimdienstes (...). Das wäre das Äquivalent zu Bidens Entlassung von Merrick Garland (Justizminister) und Bill Burns (CIA-Chef) am selben Tag. Es ist, als ob wir, nun da wir schon so viel investiert haben, in Kiew nicht zu genau unter die Haube schauen wollen, aus Angst vor der Korruption oder den Eskapaden, die wir sehen könnten.

Tom Friedman, außenpolitischer Kommentator, in der „New York Times“ vom 1. August