© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/22 / 05. August 2022

Sch... der Woche
Fladen mit Folgen
Christian Vollradt

In Zeiten von Krieg, Energiekrise und Inflation hat es das Sommerloch schwer, sich die ihm geziemende Aufmerksamkeit zu verschaffen. So fehlen derzeit die üblichen Meldungen über in Badeseen untergetauchte Reptilien oder die sonst allsommerlich auftauchende Forderung, aus Gründen der Kostenersparnis die Anzahl der Bundesländer zu reduzieren. Da weitaus realistischer, hat nun aber eine Begebenheit aus Bayern das Potential, bundesweite Aufmerksamkeit zu bekommen. Dort, genauer in der oberbayerischen Gemeinde Pähl, wurde ein Bauer zur Zahlung eines Bußgelds von hundert Euro plus 28,50 Euro Bearbeitungsgebühr verdonnert, weil seine Kühe auf ihrem Weg zur Weide eine Straße mit ihren nach-wiederkäuerischen Hinterlassenschaften verunreinigt haben sollen. Der 51jährige Landwirt legte dagegen Einspruch ein und behält sich weitere juristische Schritte vor. Sogar im Gemeinderat kamen die Fladen auf den Tisch – im übertragenen Sinne. Unter dem Tagesordnungspunkt „Allgemeines und Informationen“ sprach ein Ratsmitglied – Zitat! – „das Problem Kuhscheiße“ an und las dem Bürgermeister die Leviten. Diese Anzeige könne „zugezogene Bürger“ motivieren, gegen andere Eigenheiten des Dorflebens (Hähnekrähen oder Glockenläuten) vorzugehen, berichtete das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt. Der Bürgermeister wusch angesichts der Fladen-Affäre seine Hände, unter anderem in Unschuld: Die Anzeige sei vom übergeordneten Landrats-amt gekommen. Unterdessen schaltete sich auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ein und kündigte an, er werde notfalls das Bußgeld übernehmen. „In Zeiten, in denen sich Menschen auf die Straße kleben und dafür keine Strafe bezahlen müssen, ist es schon bezeichnend, wenn man Strafe zahlen muß, weil eine Kuh auf die Straße scheißt“, grantelte der Staatsminister, selbst gelernter Landwirt.