© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/22 / 05. August 2022

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Sprachwissenschaftler: ARD & ZDF sollten das Gendern einstellen 

SCHLANGENBAD. Die Kritik an der Gendersprache im vielen Sendungen und Texten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) nimmt zu. Nun haben über 100 Sprachwissenschaftler und Philologen in einem Aufruf ein Ende der Gendersprache im ÖRR gefordert. „Der forcierte Gebrauch gegenderter Formen befindet sich nicht im Einklang mit dem Prinzip der politischen Unparteilichkeit, zu der alle Sender gemäß Medienstaatsvertrag verpflichtet sind“, heißt es in dem Aufruf. Die Gendersprache werde zudem vielfach „mit moralisierendem Gestus“ verbreitet. Das sorge für „erheblichen sozialen Unfrieden“. Zudem mißachteten die Sender die gültigen amtlichen Rechtschreibregeln. „Statt ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden, praktizieren und propagieren die Sender in ihrer Schriftnutzung (vor allem in den Online-Formaten) orthographische Freizügigkeit jenseits der verbindlichen Regeln.“ Den Unterzeichnern des Aufrufs zufolge ist der Sprachgebrauch im ÖRR „stark ideologisch motiviert“ und wird von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt: „Es ist bedenklich, wenn immer mehr Journalisten in Unkenntnis der sprachwissenschaftlichen Fakten den Jargon einer lautstarken Minorität von Sprachaktivisten in der Öffentlichkeit verbreiten und sich hierbei fälschlicherweise auf ‘Sprachwandel’ berufen.“ Die Sender hätten stattdessen die Verpflichtung, sich an geltenden Sprachnormen zu orientieren und „regelkonform, verantwortungsbewußt und ideologiefrei“ mit der Sprache umzugehen. Die Unterzeichner beklagen ferner eine unausgewogene und vielfach tendenziöse Berichterstattung des ÖRR über das Thema Gendersprache. Kritiker würden „nicht selten als reaktionär, unflexibel und frauenfeindlich geschildert“. Ausgangspunkt der Gender-Sprachpraxis sei „die Bewertung des generischen Maskulinums als diskriminierende Sprachform, die wir als Sprachwissenschaftler und Philologen zurückweisen“, heißt es in dem Aufruf. Als „generisches Maskulinum“ bezeichnet man Substantive, die eine geschlechtsneutrale Bedeutung haben (z. B. Mitarbeiter oder Bürger) und sich auf Männer sowie Frauen gleichermaßen beziehen. Bei der Gendersprache würden Genus – eine innersprachliche grammatische Kategorie – und Sexus – eine außersprachliche, die das biologische Geschlecht einer Person bezeichne – vermischt. Die Unterzeichner weisen die These zurück, daß mit sprachlichen Eingriffen gesellschaftliche Veränderungen bewirkt werden. Stattdessen führe Gendern zu einer ausgeprägten „Sexualisierung der Sprache“. Geschlechterdifferenzen würden permanent betont. Sonderzeichen wie Genderstern (z.B. Mitarbeiter*innen), Doppelpunkt (Mitarbeiter:innen) oder Unterstrich (Mitarbeiter_innen) entsprächen nicht dem amtlichen Regelwerk, da diese Formen die Verständlichkeit sowie die Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten beeinträchtigten. Auch eine Kunstpause vor dem „innen“ („Glottisschlag“) entspreche nicht der geltenden Aussprachenorm. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören unter anderen die Generalsekretärin der Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum Deutschland, Claudia Guderian, der Direktor des Leibniz-Zentrums Allgemeine Sprachwissenschaft, Manfred Krifka, und der Linguist Olaf Krause – er ist Mitglied im Rat für deutsche Rechtschreibung . Initiatior des Aufrufs ist der Komponist, Germanist und Buchautor Fabian Payr. (JF)

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