© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/22 / 05. August 2022

Vom Unwillen liberaler Eliten, sozialen Frieden zu schaffen
Rückkehr des Pöbel-Diskurses
(wm)

Die Gerda-Henkel-Stiftung fördert bis 2023 ein Forschungsprojekt „Der Blick nach unten. Soziale Konflikte in der Ideengeschichte der Demokratie“. Für Oliver Eberl, Dirk Jörke und David Salomon, die schon mal ein Zwischenergebnis vorlegen (Leviathan, 1/2022), ist das trotz des historischen Ansatzes ein hochaktuelles Unternehmen. Denn für sie herrscht Einigkeit darüber, daß sich die Demokratie in einer tiefen Krise befinde. Streit herrsche allein noch darüber, ob sie entstanden sei, weil die demokratische Substanz bei den Eliten erodiere, oder weil die Institutionen „durch den Aufstieg demokratiefeindlicher Außenseiter“ bedroht werden. Ungeachtet dieser Kontroverse sei aber festzustellen, daß sich jener „abwertende Blick nach unten“ wieder Beliebtheit erfreue, den das Entstehungsmilieu der liberalen Demokratie im 19. Jahrhundert geprägt habe. Heute richte er sich jedoch nicht mehr gegen den „Pöbel der unberechenbaren proletarischen Massen“, sondern gegen die Industrie-Arbeiterklasse und den unteren Mittelstand. Diese „Abgehängten“, die an materialistischen Werten „kleben“, „Diversität und liberale Einwanderungsgesetze“ ablehnen, seien das Angriffsziel des neuen Pöbeldiskurses, der nur schlecht den Unwillen „woker“ Eliten verberge, „im Gegenwartskapitalismus soziale Kohäsion herzustellen“. 


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