© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/22 / 12. August 2022

Besser wohnen
Wohnungspolitik: Habeck gibt Klimapolitik Vorrang. Mieter und Hausbesitzer haften für Versagen
Stefan Kofner

Wieder einmal hat Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) private Bauwillige und Immobilienunternehmen eiskalt geduscht. Die Ruhe an der Förderfront währte nur gut drei Monate. Nach dem überraschenden Stopp der Bundesförderung für effiziente Gebäude zum 24. Januar war die Sanierungsförderung ab 22. Februar wieder aufgenommen worden, die Neubauförderung jedoch erst ab dem 20. April und mit deutlich schlechteren Konditionen.

Diesmal ist die Umgestaltung der Förderlandschaft noch tiefgreifender und erstreckt sich auch auf die energetische Gebäudesanierung. Neben gewissen Vereinfachungen steht eine sehr deutliche Senkung der Kredithöchstbeträge und Tilgungszuschüsse. Außerdem fällt die Gasheizung aus der Förderung, und die Austauschprämie für alte Ölheizungen wurde zusammengestrichen. Die neuen Bestimmungen veröffentlichte das Ministerium am 27. Juli im Bundesanzeiger. Eine erste Stufe galt direkt, die zweite tritt am 15. August in Kraft.

Nachdem die Neubauförderung bereits seit April nur noch mit Kredit angeboten wird, werden zukünftig auch Komplettsanierungen nicht mehr mit Zuschüssen gefördert. Auf der anderen Seite bedenkt der Bund Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz zukünftig nur noch mit Zuschüssen. Das macht die Förderlandschaft für die Adressaten etwas übersichtlicher.

Bei Neubauten müssen immer höhere Standards mit immer weniger Fördergeldern erreicht werden. Habeck unterstützt nur noch die Effizienzhaus-Stufe 40 samt Nachhaltigkeitssiegel. Solch ein EFH-Haus soll durch bessere Dämmung und andere Maßnahmen nur 40 Prozent der Primärenergie eines Vergleichshauses verbrauchen. Der maximale Kreditbetrag dafür wurde von 150.000 auf 120.000 Euro je Wohneinheit gesenkt, der Tilgungszuschuß von 12,5 auf nur noch fünf Prozent. Die maximale Förderung sinkt damit von 18.750 auf 6.000 Euro. Vor dem Förderstopp im Januar gab es noch Zuschüsse zwischen 15 und 25 Prozent.

Bei den Komplettsanierungen sind die Tilgungszuschüsse nach dem Rasenmäherprinzip um 25 Prozent gekürzt worden. Die Förderung setzt nun beim Effizienzhaus 85 (bisher EFH 100) mit fünf Prozent ein (bisher 30 Prozent), und der Höchstsatz von nur noch 20 Prozent wird beim Effizienzhaus 40 erreicht. Statt des fünfprozentigen Bonus für den individuellen Sanierungsfahrplan gibt es einen Bonus in gleicher Höhe, wenn der Altbau als sogenanntes „Worst Performing Building“ zu den ineffizientesten 25 Prozent aller Gebäude  in Deutschland gehört.

Bei den Einzelmaßnahmen, die schon bisher nicht so intensiv gefördert worden waren, sind die Änderungen nicht so gravierend. Der Fördersatz für Maßnahmen an der Gebäudehülle fällt von 20 auf 15 Prozent. Aber auch bei Biomasseheizanlagen und Wärmepumpen wurden die Fördersätze zum Erstaunen der Auguren gekürzt.

Das Wohnungsbauziel der Regierung wird krachend scheitern

Gasheizungen fallen dagegen komplett aus der Unterstützung. Das betrifft die Komplettsanierungen und den Austausch alter Heizungen: Hier wird die Bezuschussung von Gashybridheizungen als Ersatztechnologie gestrichen und die Austauschprämie von bislang üppigen 40 bis 50 Prozent (je nach Art der Austauschheizung) auf nur noch zehn Prozent gesenkt.

Mit dieser umfassenden Neuordnung der Bundesförderung für effiziente Gebäude sind die Neubauanreize nochmals wesentlich verringert worden. Das wird höhere Neubaumieten und eine weiter verminderte Bauaktivität nach sich ziehen. Das Neubauziel der Koalition von 400.000 Wohnungen im Jahr ist damit unerreichbar.

Sinn machen die Änderungen rein klimapolitisch gesehen. Das Geld ist in der Sanierungsförderung 4,5 mal CO2-effizienter eingesetzt als bei der Neubausubvention. Das ist auch das Ziel: Bei immer weiter steigender Fördersumme (2020 fünf Milliarden, 2023 schon 16,9 Milliarden Euro) und abnehmender Förderintensität soll die Zahl der geförderten Modernisierungen gewaltig gesteigert werden. Während Habeck für die Neubauförderung 2022 und 2023 nur je eine Milliarde Euro einplant, liegen für die energetische Gebäudesanierung dieses Jahr 13 und 2023 sogar fast 16 Milliarden Euro bereit. Das wiederum wird die angespannten Kapazitäten der Heizungsbauer absehbar überfordern und ihnen weitere Preiserhöhungsspielräume eröffnen.

Ob das viele im Fördertopf bereitgestellte Geld wie geplant fließen wird, ist auch wegen der wesentlich verschlechterten Sanierungsanreize offen. Die starke Verringerung der Kredithöhe und der Tilgungszuschüsse ist in dem aktuellen Umfeld mit hohen Bau- und Energiepreisen und gestiegenen Zinsen ein bremsendes Signal. Auch die Mieter werden so belastet. Sie müssen in Zukunft einen größeren Teil der Modernisierungskosten übernehmen.

Überraschend für ein grün geführtes Ministerium ist das Zusammenstreichen der Prämie für den Austausch alter Ölheizungen. Der Minister setzt darauf, daß wegen der – auch CO2-preisbedingt – steigenden Energiekosten trotzdem nicht weniger Altheizungen ausgetauscht werden. Für Hausbesitzer wird es nun in jedem Fall teuer – ob sie die Heizung modernisieren oder nicht. Fatal ist da, daß für die nicht mehr geförderte Gashybridheizung mit der teuren und unerprobten Wärmepumpentechnologie eben kein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht (JF 30/22). Auch das trägt dazu bei, daß alte Öl- und Gasheizungen im Zweifel eben nicht ersetzt werden.

Die Wohlfühlphase der Wärmewende ist offensichtlich vorbei. Statt auf das Zuckerbrot üppiger Subventionen setzt die Regierung nun auf die Peitsche in Form negativer Anreize, die von den explodierenden Energiepreisen und der nationalen CO2-Bepreisung ausgehen. Ordnungsrechtliche Maßnahmen wie der 65-Prozent-Anteil erneuerbarer Energien beim Heizungstausch vervielfachen die Investitionskosten bei sinkender Förderung. Kaum erschwingliche und kaum erprobte „Erneuerbare Energien-Hybridheizungen“ treten an die Stelle bewährter Lösungen und im Hintergrund droht der Sanierungszwang. Im Neubau werden immer höhere kostentreibende Energieeffizienzstandards erzwungen, während parallel die Förderung gekürzt wird. Das aus Gründen des Mieterschutzes ausgegebene Wohnungsneubauziel der Koalition muß gegenüber der Klimarettung hintanstehen. Die mit dieser unter dem Primat der Klimarettung stehenden Wohnungspolitik verbundenen massiven Belastungen für Mieter und Hausbesitzer nimmt Robert Habeck billigend in Kauf.

Foto: Produktion von Wärmepumpen in Hoyerswerda: Heizungsbauer kommen nicht hinterher