© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/22 / 12. August 2022

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Kein AfD-Politiker bei Lanz, Illner und Co.

BERLIN. Seit der Bundestagswahl im vergangenen Jahr waren nach Recherchen der JUNGEN FREIHEIT 426mal Politiker zu Gast in den öffentlich-rechtlichen Talk-Sendungen von Maybrit Illner, Markus Lanz, Sandra Maischberger, Anne Will oder bei „Hart aber fair“ gewesen. Doch nicht einmal saßen Vertreter der AfD in den TV-Studios von ARD und ZDF. Die JF fragte die beiden großen Sender, wieso die AfD nicht eingeladen wurde und nach welchen Kriterien sie Gäste auswählen. Talkshows seien keine „Ersatz-Parlamente“, rechtfertigt die ARD das Nichtvorkommen der AfD. Eingeladen werde „themenbezogen“ und nach „rein journalistischen Kriterien“. Und: „Dabei werden Mitglieder verschiedener Parteien weder per se bevorzugt noch benachteiligt.“ Vom ZDF heißt es, die Gäste sollten „unterschiedliche Positionen und Perspektiven auf das Thema haben, kommen aus Politik, Wissenschaft und Journalismus oder sind engagierte, betroffene Bürgerinnen und Bürger“. Allerdings sei es nicht immer möglich, „alle denkbaren Positionen in einer Sendung abzubilden“. Das ZDF verweist darauf, daß die Nachrichten- und aktuellen Magazinsendungen „inhaltlich und mit O-Tönen über die im Bundestag vertretenen Parteien“ berichten.  AfD-Chef Tino Chrupalla glaubt nicht an einen Zufall. „Die offenkundig systematische Ausgrenzung der AfD bei Einladungen zu den Talk-Formaten von ARD und ZDF ist eine klare Verletzung des Programmauftrags und der Pflicht zur Ausgewogenheit“, sagt er der JF. Einer politischen Kraft mit Millionen Wählern werde „die Präsenz in wichtigen Formaten verweigert“. Chrupalla wirft den Sendern Manipulation vor, die die Demokratie beschädige. „Für den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt ist das ein Armutszeugnis. Das gesamte System des durch Zwangsgebühren finanzierten Rundfunks hat sich überlebt und muß dringend reformiert und zurechtgestutzt werden.“ Am häufigsten war Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seit September 2021 mit 21 Auftritten vertreten. Gezählt nach der Parteizugehörigkeit kamen Politiker von CDU und CSU am häufigsten in die Sendungen (122). Es folgten SPD (119), Grüne (86), FDP (72) und die Linke (26). Die Politik-Talkshows von ARD und ZDF erreichen Millionen Zuschauer. Der Auftrag der aus Gebühren finanzierten Sender ist im Rundfunkstaatsvertrag definiert: „Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.“ (ho)





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Der Ruf nach einer besseren Regulierung der sozialen Medien wird schnell laut, aber er setzt an den Symptomen an und nicht an den Ursachen. Das Problem ist nicht, daß durch digitale Medien viel Unsinn verbreitet wird – das Problem ist, daß unsere Gesellschaft bis heute geradezu naiv mit diesen Medien umgeht und euphorisch die neuen Möglichkeiten feiert.

Klaus Zierer, Professor für Schulpädagogik, im „Spiegel“ vom 6. August