© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/22 / 12. August 2022

Frisch gepreßt

Kernenergie. Angesichts der Grütze, in die Deutschland dank der Energiepolitik des letzten Jahrzehnts soeben hineinschliddert, könnte das jüngste Werk Frank Uekötters das Buch der Stunde sein. So nach dem Motto „Wie alles anfing“. Tatsächlich schildert der in Birmingham lehrende deutsche Umwelthistoriker die Geschichte der Kernenergiepolitik in der alten Bundesrepublik, erübrigt auch noch ein Kapitel über „eine Art Parallelversuch zur Atomgeschichte der DDR“ und schließt mit dem „langen Abschied“, der sich seit der Wiedervereinigung anbahnte und im Juni 2011 in dem „mit breiter Mehrheit“ vom Bundestag beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie  mündete. Weil im japanischen Fukushima die Leichtwassertechnologie versagt habe, wie die seltsame Physikerin Angela Merkel ihre Entscheidung begründete. Eine glatte Lüge, da nicht die Technik versagt hatte, sondern Fukushima von der Naturkatastrophe eines Seebebens getroffen wurde, wie es an Nord- und Ostsee nicht zu erwarten ist. Uekötter nimmt daran keinen Anstoß. Seine mit erzählerischem Talent vor allem die „Krisenjahre“ der Anti-AKW-Proteste in den 1970ern schildernde Arbeit gerät so ins Zwielicht. Weil er bei der Darstellung dieser letzten Phase die Distanz zum Gegenstand vollends verliert und seine grünen Sympathien für den „Exit“ offenbart. Der wohl so nicht eintreten wird, wie er ihn in seinem vor dem 24. Februar 2022 in die Druckerei gewanderten Manuskript prognostiziert. (dg)

Frank Uekötter: Atomare Demokratie. Eine Geschichte der Kernenergie in Deutschland, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2022, gebunden, 380 Seiten, Abbildungen, 29 Euro





Neue Männlichkeit. Der weiße Mann hat es heutzutage nicht leicht. Vorbei scheinen die Tage, in denen die römische Tugend „virtus“, also die Tapferkeit, zelebriert wurde. Stattdessen muß er sich mit Vorwürfen wie „toxischer Maskulinität“ auseinandersetzen. Der Journalist Julian Witzel wünscht sich eine Aussöhnung. Seine Vorstellung: ein modernes Männlichkeitskonzept abseits von Wokeness. Eine Welt, in der Männer nicht ständig unter Generalverdacht stehen, aber dennoch „überholte Geschlechterrollen“ hinter sich lassen. Damit ist sein Männlichkeitsbegriff kaum mehr als eine Mogelpackung. „Ich möchte keinen Unterschied sehen zwischen Frau und Mann, ich möchte unter einer Chefin arbeiten“, beschreibt er seine Idealvorstellung. Und weiter: „Ich möchte mich dem stellen, was Generationen vor mir auf groteske Weise falsch gemacht haben.“ Letztlich bläst er damit – wenn auch in versöhnlicherer Form – ins gleiche Horn wie woke Linke, die mit Maskulinität implizierte „männliche“ Ideale zu Drohgebärden gegen Schwächere verklären. (zit)

Julian Witzel: Junge, weiße Männer. Was ich als Mann zur neuen Männlichkeit zu sagen habe, München 2022, Riva Verlag, broschiert, 200 Seiten, 12 Euro