© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/22 / 19. August 2022

Abgehoben und maßlos
Der Unmut in der Bevölkerung über die öffentlich-rechtlichen Sender wächst
Frank Hauke-Steller

Wer den Rundfunkbeitrag abschaffen will, der will auch die Demokratie beseitigen. So simpel ist das in der Welt der Öffentlich-Rechtlichen. Seit WDR-Funktionär Jörg Schönenborn vor zehn Jahren auf den genialen Gedanken kam, der Zwangsgebühr den Beinamen „Demokratie-abgabe“ zu verpassen, gelten Kritiker als verdächtig. Das Problem dieser Logik: Plötzlich sehen sich die 83 Radio- und 21 Fernsehsender 84 Prozent Demokratiefeinden gegenüber. Denn so viele wollen laut aktueller Umfrage den Beitrag abgeschafft sehen.

Da kann man schon mal nervös werden. „Wer den ÖRR abschaffen will, stellt sich gegen unsere Verfassung“, behauptet ARD-Chefpropagandist Georg Restle jetzt in der Tradition der Schönenbornschen Agitprop-Parole. Klingt ein bißchen so, als rufe der „Monitor“-Moderator schon mal vorsorglich den Inlandsgeheimdienst zu Hilfe.

Aus Sicht der ÖRR-Elite ist das durchaus verständlich. Warum sollte sich Restle, der eine neutrale Berichterstattung ausdrücklich ablehnt, das Privileg nehmen lassen, den Deutschen zu erklären, wie sie „geschlechtsneutral“ zu sprechen, was sie zu denken, zu sagen, ja inzwischen sogar zu essen und nicht zu wählen haben? Die fürstlichen Gehälter und die Aussicht auf üppigste Pensionen bilden dazu den Rahmen für ein Leben, das privat feudal geführt und im Beruf mit dem Grundrauschen sozialistischer Losungen ausgeschmückt werden kann. Wenn das Wort „Salon-Bolschewisten“ nicht schon existierte, für die linke ARD-ZDF-Schickeria müßte man es erfinden.

Es ist nicht die politische Einseitigkeit, die plötzlich so viele Deutsche zu GEZ-Gegnern macht. Die links-grüne Dauerbeschallung dürfte der Mehrheit vielleicht sogar egal sein. Denn ein Teil der Bevölkerung fühlt sich von der Propaganda zwangsläufig repräsentiert. Anderen fehlt das Bewußtsein dafür zu erkennen, wie sie täglich manipuliert werden. Außer acht lassen kann man getrost auch die zehn Prozent AfD-Wähler, die sich darüber ärgern, daß die von ihnen entsandten Parteivertreter trotz Pflicht zur Ausgewogenheit nicht in Talkshows argumentieren dürfen. 

Es ist wie bei fast allen Revolutionen die Dreistigkeit, die die Leute empört. Wer keine Kontrolle und keine marktwirtschaftlichen Effekte zu fürchten hat, wer, was er auch tut, politische Rückendeckung genießt, wer Kritiker einfach zu Staatsfeinden erklären kann, der muß das Gebührenparadies auch persönlich als einen Selbstbedienungsladen betrachten. 

In dem Gefühl, sich alles erlauben zu können, gehört es zu den Selbstverständlichkeiten, daß sogar unterhalb der Intendanz zwei Dienstwagen und zwei Fahrer den sozialen Status aufpolieren. Und daß man sich wie ein Mitglied der Royal Family zu privaten Shopping-Touren chauffieren läßt sowie seine Freunde zu Hause mit edelstem Champagner, teuersten Speisen bewirtet und das als Spesen abrechnet.

Der dumme Gebührenzahler muß blechen. Wer für das fürstliche Leben der GEZ-Bonzen nicht mehr aufkommen will, den läßt man einfach wie den Beitragsrebellen Georg Thiel mit Hilfe einer willigen Justiz sechs Monate wegen 600 Euro einkerkern. Bestrafe einen, erziehe hundert. Das funktioniert seit Mao bestens.

Im Zuge des Falls der ARD-Vorsitzenden und RBB-Intendantin Patricia Schlesinger ist das mit jährlich 8,4 Milliarden Euro Gebührengeldern subventionierte totalitäre Hofstaatgehabe für einen kleinen Moment an die Oberfläche gespült worden. Jetzt wäre das Erregungspotential groß genug, wirklich etwas zu ändern. Spätestens, wenn es um die kommende Beitragserhöhung geht, wird all das Alibi-Gefasel von Politikern wie Friedrich Merz über nötige Reformen vergessen sein. 

Dann wird der nächste Geldregen in einem scheindemokratischen Prozeß durch die Landesparlamente geprügelt. Denn wie wir nach der für null und nichtig erklärten Ablehnung Sachsen-Anhalts durch das Bundesverfassungsgericht gelernt haben, dürfen Volksvertretungen ausschließlich zustimmen, wenn es um den Etat der öffentlich-rechtlichen Sender geht.

Und damit müssen diese auch die Ruhegelder ihrer Veteranen finanzieren. Daß sich selbst die für sechs Jahre im Amt gewesene Schlesinger neben der gesetzlichen über 15.000 Euro monatliche ÖRR-Rente freuen kann, zeigt, was geschultert werden muß. Allein für ihren Altersluxus braucht der RBB ganze 817 Beitragszahler.

Obwohl Restle und Co. die Frage, warum ein WDR-Intendant mit 413.000 Euro nicht nur mehr als der Bundeskanzler, sondern sogar mehr als der US-Präsident bekommen muß, womöglich als verfassungsfeindlich ansehen, sollten Menschen den Mut haben, sie zu stellen. Zumal der Sender 1.875 Haushalte benötigt, die allein dafür ihren Beitrag abdrücken. 

Ein System, das seine feudal-sozialistische Fratze nicht ungeschickt mit „Traumschiff“-, Sport- und Schlagersendungen maskiert, ist genauso überholt wie einst der Ständestaat vor der Französischen Revolution. Apropos: Frankreich hat die Gebühren abgeschafft, Großbritannien zieht zeitnah nach. Die Probleme sind in beiden Ländern ähnlich, wobei kein Rundfunk mit auch nur annähernd so viel abgepreßtem Geld ausgestattet ist wie der hiesige. 

Deutschland ist im Begriff, ähnlich wie bei der Flüchtlings- und Coronapolitik auf seinem Sonderweg allein weiterzuhumpeln und ihn dennoch für „alternativlos“ zu erklären. Nicht nur aus Dankbarkeit, sondern auch weil es der politischen Mission der Redaktionen entspricht, werden die Sender wiederum die Bevormundungspolitik von Linke bis Union stützen und Stimmung gegen deren Gegner machen. Hoffnung auf Besserung gibt es kaum, wenn sich, wie kürzlich geschehen, 80,5 Prozent der Nachwuchsredakteure als Parteigänger von Grünen und Linken outen.

An einem ständig steigenden Beitrag festzuhalten heißt auch, veränderte Mediennutzung zu ignorieren. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten mit ihren 30.000 Mitarbeitern senden fast ausschließlich für eine Generation, die bei ARD und ZDF zuerst an Hans-Joachim Kulenkampff, Karl-Heinz Köpcke und Hans Rosenthal denkt. Die neuen Götzen aber heißen längst Tina Hassel, Jan Böhmermann und Dunja Hayali.