© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/22 / 19. August 2022

Flaggenstreit der Woche
Schwarz-Rouge-Gold
Christian Vollradt

Dann machen wir das mit den Fähnchen, lautete einst der Vorschlag in einem Werbefilmchen der Sparkassen – gleichbedeutend mit Einfallslosigkeit und Routine. Doch mit Fähnchen wird gern auch Politik gemacht. Und manchmal sogar damit, daß sie nicht flattern. So sorgte am Wochenende die Schlagzeile „AfD verhindert Regenbogenflagge vor dem Westerbecker Rathaus“ für ein Lüftchen im Blätterwald. Westerbeck ist ein Ortsteil der Gemeinde Sassenburg, die wiederum bei Gifhorn in Niedersachsen liegt. Große Welt also. Seiner Bedeutung angemessen wollte man dort die Regenbogenflagge hissen, weil im nicht weit entfernten Braunschweig der „Christopher-Street-Day“ stattfand; um „Solidarität und Unterstützung der queeren Community im Kampf um Anerkennung, Gerechtigkeit und Toleranz“ auszudrücken, verkündete der SPD-Ortsverein und stellte zufrieden fest, alle im Rat seien dafür. Falsch, entgegnete die AfD, die man im Vorfeld gar nicht gefragt hatte. Weil der Anlaß für das Hissen der Flagge fehle, drohte die Partei mit der kommunalen Rechtsaufsicht. Das beeindruckte den Bürgermeister, so daß der den Mast seines Amtssitzes nicht bewimpelte. Nur in ein Fenster hängte jemand das bunte Tuch. Harsche Kritik für die Obstruktion der AfD gab’s vom Queeren Netzwerk Gifhorn. Die Partei habe damit bewiesen, wie „weit sie sich tatsächlich von den Idealen des Grundgesetzes“ entfernt habe. Und dann geben die Queerinnen und Queeren auch noch Nachhilfe in Vexillologie: Denn die „Unantastbarkeit der Würde, Freiheit der Person und Gleichheit vor dem Gesetz“ symbolisiere die deutsche „Bundesflagge“. Und „für genau die gleichen Ideale“ stehe auch die Regenbogenflagge. Wer dagegen sei, diese zu hissen, trete auch „unsere Bundesflagge mit Füßen“. Bunt ist das neue Schwarz-Rot-Gold. Das ist wirklich mal einfallsreich.