© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/22 / 26. August 2022

Ländersache: Bayern
Ein Wirt bleibt standhaft
Paul Leonhard

Das Wort „Mohrenkopf“ steht in großen weißen Versalien auf der ockerfarbenen Fassade des Hauses. Darunter kleiner: „Bistro – Café“. Claus Häring betreibt in der Donaustraße in Ingolstadt sein „Café Mohrenkopf“, und das soll auch so bleiben. Nichts soll sich ändern, nichts am Angebot und auch nichts am Namen. Und dafür braucht es gegenwärtig in Deutschland schon viel Durchhaltevermögen, gilt doch das Wort „Mohr“ bei selbsternannten Sittenwächtern als diskriminierend und rassistisch. Die Schokoladenfirma Stollwerck aus Norderstedt hatte sich bereits 2004 auf öffentlichen Druck einiger weniger von seinem traditionellen Markenzeichen, dem Sarotti-Mohren, getrennt und diesen in einen auf einer Mondsichel balancierenden Magier mit goldener Haut verwandelt.

Im Stern behauptete der Direktor des Instituts für Deutsche Sprache (IDS) vor drei Jahren, „Mohr“ habe sich seit dem 19. Jahrhundert von einem eher neutral verwendeten Wort in ein abfälliges verwandelt: Wer „Mohr“ sage, übe zugleich indirekt Kritik daran, daß man dieses und weitaus beleidigendere Wörter zur Bezeichnung von Menschen nicht mehr verwenden dürfe.

Eine Argumentation, bei der sich Café-Betreiber Häring am selbst zubereiteten Kaffee verschlucken dürfte. Bei einigen Menschen aber stößt sie auf offene Ohren, so daß der Gastronom in den Medien aktuell von rufschädigenden Anfeindungen, Vandalismus an der Café-Fassade und beleidigenden Kommentaren unter Facebook-Beiträgen berichtet. Sogar als „fettes deutsches Nazischwein“ wurde er betitelt. 

Die Rufmordkampagne schlägt sich auch in negativen Bewertungen bei Google nieder. „Das nervt mich. Und zwar gewaltig!!!“ schreibt Häring auf Facebook: „Die Mädels und Jungs bei uns reißen sich den Allerwertesten fürs Café und unsere Gäste auf, putzen, kochen, servieren, halten das Café am Laufen, und dabei sind sie alle zusammen immer noch gut drauf. Und diese Leistung wird von einigen, die nie im Café waren, schlecht bewertet, weil der Name unangebracht ist.“ Doch zeigte die Kampagne in diesem Fall, daß es sich tatsächlich nur um eine Minderheit handelt. Denn Härings Post wurde innerhalb von drei Tagen mehr 160.000mal gelikt und geherzt, dazu knapp 10.000mal geteilt und fast 30.000mal kommentiert. Serienweise hagelte es nun Fünf-Sterne-Bewertungen für das Mohrenkopf-Café von Sympathisanten, die offen einräumen, nie den Service des Cafés in Anspruch genommen zu haben, aber „ein paar namensbegründete negative Bewertungen neutralisieren“ wollen, wie ein Nutzer schreibt. Der Wirt selbst bleibt standhaft: „Und zum x-ten Mal: Der Name bleibt!!!!“ Anders in München, wo man lieber einknickte: „Rassistischer Name auf dem Oktoberfest verschwindet“, jubelte das Onlineportal t-online, nachdem Wiesnwirtin Katharina Wiemes den Traditionsnamen „Café Mohrenkopf“ auf dem Münchner Oktoberfest als „nicht mehr zeitgemäß“ aufgab. Wer in diesem Jahr bei ihr einkehren möchte, muß nach dem „Café Theres“ suchen – benannt nach der früheren Kronprinzessin Therese, nach der auch die Theresienwiese heißt.