© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/22 / 26. August 2022

Grüße aus … Athen
Das Chaos hat einen Namen
Panajotis Doumas

Früher war der August in Griechenland in politischer Hinsicht ein „toter“ Monat. Es war der Monat der „Bäder des Volkes“, wie Andreas Papandreou zu sagen pflegte. In den vergangenen Jahren hat sich dies allerdings geändert. Mal fährt die Türkei mit ihren Forschungs- und Bohrschiffen in der Ägäis auf, mal brennt halb Griechenland in der Sommerhitze und der Ministerpräsident unterbricht seinen Urlaub, um Erklärungen abzugeben, während das politische Thermometer in diesem Jahr auf Rot steht.

Kurz nachdem Kyriakos Mitsotakis Journalisten und Abgeordnete beruhigte und vorgezogene Neuwahlen ausschloß, hat ein Abhörskandal die Glaubwürdigkeit der Regierung beeinträchtigt. Jüngsten Enthüllungen zufolge hat der Nationale Nachrichtendienst, dessen politischer Leiter der Ministerpräsident selbst ist, die Telekommunikation des Vorsitzenden der Oppositionspartei, Nikos Androulakis, drei Monate hintereinander überwacht. Dies führte zum Rücktritt des Kommandanten des Nationalen Nachrichtendienstes und des engsten Mitarbeiters des Premierministers.

Afroditi Latinopoulou – die junge, hübsche Gegnerin ausländischer politischer Korrektheit und Rechthaberei.

Aber auch auf der griechischen Rechten sind die Entwicklungen rasant. Die politische Koalition „Nationale Schöpfung“ hat die junge Politikerin Afroditi Latinopoulou („Für mich sind mein Land, meine Religion und die Familie das Wichtigste“) in ihre Reihen aufgenommen. 

Die junge, hübsche Gegnerin ausländischer politischer Korrektheit und Rechthaberei, Absolventin der juristischen Fakultät und Tennistrainerin ist als Parlamentskandidatin der Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) für 2019 bekannt geworden. In den vergangenen drei Jahren ist sie zu einer bekannten Twitter-Influencerin aufgestiegen, und es gab mehr als ein paarmal Proteste, als sie mit ihren Posts gegen die LGBTI-Gemeinde in den Medien war: „Um die Angelegenheit ein für allemal abzuschließen: Sowohl ich als auch die große Mehrheit der griechischen Gesellschaft wollen nichts von Ehen zwischen Männern oder zwischen Frauen hören, geschweige denn von Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare. Das ist etwas Irrationales, Unnatürliches und gegen unsere Religion“, so die 31jährige. 

Eine Konfrontation zwischen ihr und einer berühmten pummeligen Fernsehmoderatorin veranlaßte die ND zu der Ankündigung, daß Latinopoulou bei den kommenden Wahlen nicht kandidieren durfte.

Ihr Beitritt zur Nationalen Schöpfung wird die Koalition erheblich stärken. Das Problem ist jedoch, daß die Koalition zu zerbrechen scheint, da ihr Vorsitzender, Thanos Tzimeros, einige Tage später Konstantinos Bogdanos, der Frau Latinopoulou aufgenommen hatte, absetzte. „Chaos“ ist nicht zufällig ein griechisches Wort.