© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/22 / 26. August 2022

Eine Abschaffung des Dienstwagenprivilegs schädigt die Wirtschaft
Kein kostenloser Nahverkehr
Marc Schmidt

Man kann sich in Deutschland nur noch auf wenig verlassen. Eine klimahysterische Neidkultur, die Dinge verteuert oder verbietet, gehört aber zu den Konstanten. Das jüngste Opfer dieses Zeitgeists könnten alle Hersteller, Käufer und Nutzer von Dienstwagen werden. Die Regelung ist für die bisherige Autonation entscheidend: Oberklassefahrzeuge mit gewinnträchtigen Ausstattungen werden in Deutschland noch gebaut und verkauft. Diese Autos sind Technologieträger für Neuerungen und eine zentrale Basis des Gebrauchtwagenmarktes für den kleinen Mann.

Ohne dieses „Privileg“ würde nur ein Bruchteil der Fahrzeuge hierzulande verkauft, ihre Entwicklung und Produktion wären deutlich weniger rentabel. Dienstwagen werden von Firmen gekauft oder geleast, die die Steuern geltend machen und die Anschaffung abschreiben. Die Fahrer, bei weitem nicht nur Manager, müssen die Privatnutzung versteuern. Vom dem zusätzlichen Gehalt profitieren auch die Kranken-, Pflege- und Rentenkassen. Mit einer Dienstwagenverteuerung läßt sich aber kein Neun-Euro-Ticket für den ÖPNV finanzieren. Bereits vor Corona und den explodierten Energiekosten hatte der Nahverkehr einen Kostendeckungsgrad von unter 75 Prozent. Ein bundesweiter ÖPNV-Fixpreis oder sogar -Nulltarif wird den Zwang zu öffentlichen Zuschüssen zusätzlich erhöhen. Aus einer veränderten Dienstwagenbesteuerung – das Umweltbundesamt rechnet mit 3,1 Milliarden Euro – reicht dafür nicht einmal im Ansatz aus. Dienstwagen sind Gehaltsbestandteile, eine Umwandlung eines Gehaltsteils zum Vorteil des Unternehmens in der Steuerbilanz und des jeweiligen Autofahrers.

In der Wirtschaft wird mit spitzem Stift gerechnet: Wer die Dienstwagenpauschale, die kein RBB-Privileg, sondern Wirtschaftsförderung ist, ändert, wird dafür sorgen, daß weniger Dienstwagen verkauft werden. Die Hersteller und die kaufenden Firmen werden insgesamt weniger Steuern zahlen, die Angestellten werden statt eines Fahrzeugs höhere Gehälter fordern und in Zeiten des Fachkräftemangels auch bekommen. Mehr Geld für den ÖPNV steht also nicht zur Verfügung. Und das würde dort auch nicht für vergünstigte Fahrscheine gebraucht, sondern für gestiegene Diesel- und Strompreise, sanierte Schienen und die Anschaffung neuer Busse nach den Flops mit den Elektromodellen.