© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/22 / 26. August 2022

Nobelpreisträgerin belehrt Regierungsbeauftragten

KÖLN. Die Medizin-Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard hat sich in die Debatte um die Zweigeschlechtlichkeit und geschlechtliche Selbstbestimmung des Menschen eingemischt. Die 79jährige Genetikerin belehrte den Queer-Beauftragten der Bundesregierung Sven Lehmann (Grüne): „Bei allen Säugetieren gibt es zwei Geschlechter, und der Mensch ist ein Säugetier“, sagte sie der Frauenzeitschrift Emma. Lehmann hatte wiederholt behauptet, die Ansicht, daß es nur zwei Geschlechter gebe, sei „unwissenschaftlich“. Ihm zufolge gebe es ein Spektrum der Geschlechtlichkeit. Für die Frau, die 1995 den Nobelpreis für ihre Forschungen über die genetische Kontrolle der frühen Embryonalentwicklung erhielt, sieht die Sache einfacher aus: „Da gibt es das eine Geschlecht, das die Eier produziert, zwei X-Chromosomen hat. Das nennt man weiblich. Und es gibt das andere, das die Spermien produziert, ein X- und ein Y-Chromosom hat. Das nennt man männlich. Und wenn sich ein Ei mit einem Spermium vereinigt, entsteht ein neues Wesen“, sagte Nüsslein-Volhard. Zwischenformen gebe es aber trotzdem. „Intersexualität entsteht durch sehr seltene Abweichungen, zum Beispiel beim Chromosomensatz. Aber auch intersexuelle Menschen haben die Merkmale beider Geschlechter, sie sind kein drittes Geschlecht.“ Es gebe sehr „feminine“ Männer und sehr „maskuline“ Frauen. Das habe aber nicht nur mit kulturellen, sondern vor allem mit unterschiedlichen Hormonleveln zu tun, weiß die Biologin. Weiter wendet sie sich gegen die Auffassung, das Geschlecht sei wechselbar. „Menschen behalten lebenslang ihre Geschlechtszugehörigkeit.“ Natürlich könne man „durch Hormongaben erreichen, daß zum Beispiel ein Mädchen (...) eine tiefe Stimme und Bartwuchs bekommt. Aber davon wachsen dem Mädchen keine Hoden und es wird keine Spermien produzieren.“ Angesprochen auf die politisch korrekte Formulierung, wonach ein Mann nach dem rechtlichen Geschlechtswechsel eine Frau sei, erwiderte Nüsslein-Volhard:  „Das ist Quatsch! Es ist Wunschdenken.  Das Entscheidende dabei ist, die Tatsache, ob man ein Y-Chromosom hat, das schon in der Schwangerschaft auf die Entwicklung des Embryos wirkt und natürlich auch beim Heranwachsenden.“ Zur Frage, ob es richtig sei, daß der Gesetzgeber Geschlechtsumwandlungen ermögliche, erklärte sie : „Der Gesetzgeber kann gar keine Geschlechtsumwandlung ermöglichen. Er sagt nur: Diese Frau darf ab jetzt behaupten, sie sei ein Mann. Und umgekehrt.“ Die biologischen Grundlagen seien absolut nicht zu ändern. „Und wenn jetzt ein Mann behauptet, er sei eine Frau und geht in einen Sportverein, um dort bei den Frauen mitzuspielen, dann ist das ein Problem.“ Dort habe der Mann deutliche Vorteile, die einem Doping gleichkämen. Denn „aufgrund seiner männlichen Hormone ist dieser Mensch stärker und läuft schneller“. (mp)

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