© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/22 / 26. August 2022

Zeitschriftenkritik: Leibniz
Vielfalt & Einheit
Werner Olles

Die von der Leibniz-Gemeinschaft zweimal jährlich herausgegebene Zeitschrift Leibniz befaßt sich in ihrer aktuellen Ausgabe (2/2022) mit dem Schwerpunktthema „Vielfalt & Einheit“. In ihrem Vorwort betont die Redaktion, sie sei überrascht gewesen, wie oft Vielfalt mit Einheit einhergehe: „Bräuche, Werte und Interessen verbinden Menschen, die Ökosysteme, das Klima, die Arten – in der Natur ist fast alles mit allem verbunden.“ Eine Aussage, die zumindest in Teilen problematisch ist, denn für Multikulturalisten bedeutet Vielfalt etwas gänzlich anderes als für Ethnopluralisten. Während erstere in einer multikulturellen Gesellschaft „Vielfalt & Einheit“ als Gewinn ansehen, gehen Ethnopluralisten von der Verschiedenartigkeit der Kulturen aus, die den eigentlichen Reiz der Vielfalt ausmachten.

Über die Ambivalenz nationaler Vielfalt schreibt der Historiker Ulf Brunnbauer in seinem Beitrag „Sechs Brüder sollt ihr sein“. Unter dem Motto „Brüderlichkeit und Einheit“ habe der Vielvölkerstaat Jugoslawien Millionen Menschen verschiedener Nationen, Ethnien und Religionen verbunden, doch sei diese gewaltsam zusammengehaltene „Einheit“ in den Bürgerkriegen zwischen 1991 und 1995 blutig zerbrochen. Das Gefüge aus Kroatien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Slowenien gehörte fast siebzig  Jahre zum gemeinsamen jugoslawischen Staat, der von 1918 bis 1941 als Königreich und von 1944 bis 1991 als föderale sozialistische Republik existierte, bevor es schließlich unter unermeßlichem Leid zerriß. Aus der Habsburger Monarchie hervorgegangen, war Jugoslawien „ein einmaliges Experiment, ethnische, sprachliche und konfessionelle Vielfalt unter den übergeordneten Leitideen des titoistischen Kommunismus und der Blockfreiheit zu vereinen“, so Brunnbauer. Es zeigte jedoch die Verletzlichkeit derart komplizierter Ordnungen und die faktische Unmöglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache, Tradition und Kultur. Besonders für das von den politischen Eliten geplante Projekt Europas als Bundesstaat ist das Schicksal Jugoslawiens lehrreich.

Für eine neue Form der Globalisierung plädiert die indische Ökonomin Amrita Narlikar. Sie sieht Patriotismus nicht negativ und glaubt, daß es gute Gründe dafür gibt, daß die Globalisierung heute unter Druck steht. National gewählte Politiker hätten zuerst die Pflicht, ihrem Land und ihrem Volk zu dienen. Angesichts des Ukraine-Konflikts kritisiert sie den Westen, dessen Politik sowohl im Vorfeld als auch jetzt viel zu wünschen übriglasse. Die westlichen Sanktionen wirkten sich vor allem auf die Situation in den armen Ländern und der ärmeren Menschen im Westen aus.


Kontakt: Leibniz-Gemeinschaft, Chausseestr. 111, 10115 Berlin. Der Bezug ist kostenlos. www.leibniz-magazin.de

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