© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/22 / 02. September 2022

Bitcoin fiel am Wochende trotz Inflation erneut unter 20.000 Dollar
Läutende Todesglöckchen
Thorsten Polleit

Der Bitcoin hat seit seinem Beginn im Jahr 2009 immer wieder die Gemüter erhitzt. Die Idee, er werde Dollar und Euro verdrängen, fasziniert und löst zugleich Kopfschütteln aus. Doch die Preisentwicklung hatte Skeptiker zunächst widerlegt: Kostete die Kryptowährung im November 2011 noch 8,22 Dollar, erreichte der Bitcoin zehn Jahre später seinen bisherigen Höchststand von 67.550 Dollar – was einer jährlichen Rendite von 126,9 Prozent entsprach. Mittlerweile ist der Bitcoinpreis jedoch stark gefallen. Zu Wochenbeginn notierte er nur noch knapp über der 20.000er-Marke – ein Preisrückgang von etwa 70 Prozent seit 2021. Anleger, die früh dabei waren, freuen sich dennnoch über eine gute Rendite. Wer erst 2020 einstieg, erlitt große Verluste.

Derzeit belasten einige Faktoren den Bitcoinpreis. Der steigende US-Zins verleitet Anleger, Geld aus dem Kryptomarkt abzuziehen und in wieder zinstragende Bankguthaben und Anleihen zu stecken. Zudem hat das jüngste „Bereinigungsgewitter“ im Markt für Stablecoins (zu nennen ist hier der „Terra Luna“-Crash; JF 21/22) dem Bitcoinpreis zugesetzt: Es hat das Vertrauen vieler Anleger und Investoren in den erhofften Siegeszug der Krypoteinheiten mächtig getrübt. Und nicht zuletzt hat der Bitcoinpreis einen hohen Gleichlauf mit den Tech-Aktienkursen an den Tag gelegt und deren Tiefenrausch mitgemacht. Das deutet darauf hin, daß anscheinend so mancher Investor im Bitcoin doch nur ein spekulatives Instrument erblickt, daß er nicht zu Geld- bzw. Wertaufbewahrungszwecken gehalten wurde.

Allerdings sollte man sich vom gewaltigen Auf und Ab des Bitcoinpreises nicht zu vorschnellen Urteilen verleiten lassen. Sein jüngster Preisrückgang ist sicherlich kein verläßlicher Indikator für seine Zukunft. Der US-Schriftsteller Mark Twain schrieb einst: „Die Nachrichten über meinen Tod sind stark übertrieben.“ Ganz Ähnliches gilt für den Bitcoin und andere Krypoteinheiten. Denn man sollte bedenken: Viele kluge Köpfe arbeiten weltweit daran, eine verläßliche Alternative zu den offiziellen ungedeckten (Inflations-)Währungen zu erarbeiten. Das ist nicht nur bitter nötig, es ist auch alles andere als unmöglich. Ob der Bitcoin jedoch für den kurzfristig orientierten Durchschnittsanleger wirklich das Richtige ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.