© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/22 / 02. September 2022

Filmkritik Lohn der Angst
Hochexplosive Lkw-Ladung
Werner Olles

In dem mittelamerikanischen Nest Las Piedras sammeln sich Gestrandete vieler Herren Länder und leben unter der glühenden Sonne in den Tag hinein. Der Korse Mario (Yves Montand), der mit Linda (Véra Clouzot), der jungen Frau eines schmierigen Barbesitzers, ein Verhältnis hat, der alternde Franzose Jo (Charles Vanel), der Italiener Luigi (Folco Lulli), der auf dem Bau schuftet, und Bimba (Peter van Eyck), ein schweigsamer, undurchsichtiger Deutscher, den es nach Kriegsende hierhin verschlagen hat: Sie alle warten auf bessere Zeiten und eine Gelegenheit, hier wegzukommen.

Als an einer 500 Kilometer entfernten Erdölquelle ein Großbrand ausbricht, der nur durch eine Sprengung gelöscht werden kann, bietet die Ölgesellschaft jedem eine hohe Prämie für den Transport von Nitroglyzerin zum Brandherd. Doch die Strecke ist gebirgig und die Straßen in verheerendem Zustand. Die Gesellschaft wählt schließlich zwei Zweierteams für das waghalsige Unternehmen aus. Bimba und Luigi sollen den ersten Lastwagen fahren, Mario und Jo den zweiten. Der Verlust eines Wagens ist einkalkuliert.

Mario und Jo geraten aneinander, als ein riesiger Felsbrocken die Fahrbahn versperrt und weggesprengt werden muß. Dann explodiert der erste Wagen mit Bimba und Luigi. Beim Überqueren des mit Rohöl gefüllten Kraters wird Jo von Mario überfahren und stirbt kurz vor dem Ziel. Als einziger erreicht Mario die brennende Ölquelle und erhält den doppelten Lohn. Während er sich auf die Rückfahrt nach Las Piedras macht, wo Linda auf ihn wartet, gerät er in Euphorie und fährt auf einer engen, kurvenreichen Gebirgspiste Schlangenlinien …

„Lohn der Angst“ („Le salaire de la peur“, 1953) zählt zu den besten Filmen von Henri-Georges Clouzot und wird mit Recht als Klassiker des dramatischen Thrillers bezeichnet. Die Dreharbeiten fanden in Südfrankreich und in der Camargue statt und standen unter keinem guten Stern. Extreme Wetterverhältnisse, Krankheiten und Todesfälle unterbrachen die Produktion. Jean Gabin, der die Rolle des Jo übernehmen sollte, sagte ab, und so sprang Charles Vanel ein. Der Film wurde dennoch ein Meisterwerk des anspruchsvollen Spannungskinos und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. 1977 drehte William Friedkin mit „Atemlos vor Angst“ ein Remake, das die Intensität und atmosphärische Dichte des Originals jedoch nicht annähernd erreichte.

DVD/Blu-ray: Lohn der Angst. Filmjuwelen 2022, Laufzeit 141 Minuten