© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/22 / 09. September 2022

Etwas Schwund ist immer
Umfrage: Die Deutschen haben weniger Vertrauen in den Staat

Die Zahlen können durchaus als alarmierend bewertet werden: Nur noch 29 Prozent der Deutschen sind der Meinung, der Staat sei handlungsfähig und könne seine Aufgaben erfüllen. Zwei Drittel (66 Prozent) glauben das nicht. Dies geht aus der jährlichen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes (dbb) hervor.

Wie dramatisch der Vertrauensverlust ist, zeigt sich im Vergleich mit vorherigen Jahren: 2020 sagten noch 56 Prozent, der Staat sei imstande, seine Aufgaben zu erfüllen. Im vergangenen, dem zweiten Corona-Jahr, waren es bereits nur noch 45 Prozent. „Der Trend war bereits letztes Jahr zu erkennen, jetzt ist das Kind endgültig in den Brunnen gefallen“, kommentierte dbb-Chef Ulrich Silberbach das Ergebnis: In der Krise präsentiert sich der Staat schlecht vorbereitet. Silberbach beklagte eine „Schönwetter-Daseinsvorsorge“. 

Nicht einmal die Wähler der Regierungsparteien glauben mehr an die Handlungsfähigkeit des Staates: Für überfordert halten ihn 53 Prozent der SPD-, 52 Prozent der Grünen- und sogar 80 Prozent der FDP-Anhänger. Linke- und CDU/CSU-Sympathisanten glauben dies zu 78 bzw. 73 Prozent. Noch kritischer sind die AfD-Anhänger (90 Prozent). Wo die Befragten den Staat am ehesten überfordert sehen, hängt von der aktuellen Lage ab. So lag der höchste Einzelwert von 17 Prozent dieses Jahr beim Thema Energieversorgung. Das spielte im vergangenen Jahr noch eine deutlich geringere Rolle: 2021 fürchteten hier nur vier Prozent eine drohende Überforderung. An zweiter Stelle rangiert 2022 das Thema Klimaschutz, der Wert ging allerdings zurück (2021: 20 Prozent). Zurückgegangen ist die Sorge auch bei der Bildungspolitik (13 Prozent); hier lag der Wert 2021 bei 19 Prozent, 2019 sogar bei 24. Relativ konstant sieht es bei sozialen Themen oder bei der Gesundheitsversorgung (zwischen 10 und 12 Prozent) aus. Zurückgegangen sind die Werte außerdem bei Themen der inneren Sicherheit oder bei der Flüchtlings- und Asylpolitik (von 10 auf 7 bzw. von 15 auf 10 Prozent). 

In der Frage, welche Aufgaben des Staates wichtig und welche weniger wichtig sind, gibt es teilweise noch deutliche Unterschiede zwischen Ost und West. Beispiel Unterstützung für die Ukraine durch humanitäre Hilfen: sehr wichtig finden das 36 Prozent der Befragten im Westen, 23 Prozent im Osten. Die Ukraine mit schweren Waffen zu unterstützen finden 24 Prozent im Westen und 14 Prozent im Osten wichtig. Unterschiede gibt es auch bei der Frage nach einer besseren Ausrüstung der Bundeswehr: sehr wichtig finden das im Wesen 35 Prozent, im Osten 23. Umgekehrt das Bild beim Thema gleiche Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Eine sehr wichtige Aufgabe für den Staat, finden die Befragten im Osten zu 40 Prozent, 24 Prozent im Westen sehen das auch so. (fh/vo)