© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/22 / 09. September 2022

Grüße aus … Bukarest
Auf ins Hermania
Julian Islinger

Bukarest im Sommer. Die ganze Stadt brütet in der Hitze. Eine dicke Abgaswolke umwogt den monumentalen Präsidentenpalast Ceausescus, der sich drohend gegen den Himmel abzeichnet. Er ist nicht das einzige sichtbare Zeichen des untergegangenen Sozialismus. Heruntergekommene Trabantenstädte prägen vielerorts die Straßenzüge. Dazwischen immer wieder klassizistische Bauten, mal mehr, mal weniger gut erhalten.

Wer etwas vom alten Glanz der Stadt erleben möchte, der streift dieser Tage durch Lipscani im historischen Stadtzentrum der rumänischen Hauptstadt. Das Viertel ist nach Leipzig benannt, da von dort viele der Händler kamen, die früher in Bukarest als Sattler, Goldschmiede oder Hutmacher ihre Dienste anboten. Nicht wenige der alten Straßennamen weisen immer noch auf dieses Erbe hin und tragen die Namen der deutschen Zünfte, die sich im Mittelalter hier angesiedelt hatten.

Ein 800 Gramm schweres T-Bone-Steak vom Wasserbüffel zum unverschämt günstigen Preis.

Heute sind große Teile des historischen Quartiers wieder instand gesetzt, das Straßenbild ist geprägt von Cafés, Bars und Restaurants, die nach ausgiebigem Stadtbummel zum Verweilen einladen. Bei einem kühlen Bier sind die 38 Grad nämlich weit besser zu ertragen und eine willkommene Ausrede, sich dem Touristenstrom, der sich beständig durch die engen Gassen wälzt, für einen Moment zu entziehen.

Wem Bukarest zu laut und überfüllt ist, der verläßt die Stadt Richtung Norden. Siebenbürgen heißt das Ziel, genauer gesagt Hermannstadt. Schon von weitem ist das ehemalige Oberzentrum der Siebenbürger Sachsen mit seinen charakteristischen Wehr- und Kirchtürmen zu sehen, dahinter sind bei gutem Wetter die dunklen Hügelzüge der Vorkarpaten zu sehen.

Im historischen Stadtkern empfangen einen sowohl der barocke Glanz der k.u.k Zeit als auch die Bauzeugnisse protestantischer Herkunft, die mit ihrem wuchtigen Trutzcharakter so typisch für die Kulturlandschaft Siebenbürgens sind. Ein Rundgang durch die Innenstadt kommt einer Zeitreise gleich. Kein moderner Neubau stört das historische Ensemble.

Auch gastronomisch hat sich in den vergangenen zehn Jahren einiges getan. Vorbei die Zeiten, in denen Besucher hier unterdurchschnittliches Essen von schlechtem Service serviert bekamen. Möchte man sich etwas Gutes tun, dann führt am Hermania kein Weg vorbei. In diesem von einem Siebenbürger Sachsen geführten Lokal kann sich der Gast etwa an einem 800 Gramm schweren T-Bone-Steak vom Wasserbüffel erfreuen. Zu unverschämt günstigen Preisen und in einer urigen Atmosphäre. Gern verwöhnt das Hermania-Team seine Kunden mit sächsischen Gerichten, die modern interpretiert werden. Allein das ist schon ein Besuch Hermannstadts wert.