Im Herbst werden die Nächte länger und Deutschland soll zu Dunkeldeutschland werden. Schloß Bellevue, der mit „Grünstrom“ versorgte Sitz von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, wird schon seit Mai nachts nur noch „zu besonderen Anlässen“ angeleuchtet. Landauf, landab werden nun auch städtische Straßenbeleuchtungen heruntergedimmt. Aber der öffentliche Raum will ausgeleuchtet sein, sonst ziehen sich Menschen aus ihm zurück. „Ich fühle mich am Abend nicht mehr so sicher in der Stadt, wenn es so dunkel ist“, sprachen so oder ähnlich Frauen in die vorgehaltenen Mikrophone von Sendeanstalten. Ein Polizist äußerte Verständnis, gab zu bedenken, man könne Straßenlaternen nicht ersetzen, um überall dort, wo diese nicht mehr hell genug leuchten, für ein Gefühl von Sicherheit zu sorgen. In Zeiten vor der Erfindung der Glühbirne gab es eigens Nachtwächter, die durch die Straßen zogen. Dunkelheit in der Nacht war das Normale. Alles schon dagewesen und überwunden geglaubt.

Ist das verordnete Dunkeldeutschland im Herbst auf dem Weg zur Besinnung?

Aber alles hat mehrere Seiten. Die Beziehung zum Kosmos ist im Freien, bei einer Dunkelheit, die diese Bezeichnung verdient, eine andere als heute üblich geworden. Wer den gestirnten Himmel sieht und ihn nicht mehr nur im urbanen Raum erahnt, kann ins Nachdenken über seine Stellung im Kosmos geraten, sich klein fühlen und eingeordnet in ein großes Ganzes. Die Dunkelheit hat damit gewissermaßen auch erhellende Seiten. Ist das Dunkeldeutschland im Herbst auf dem Weg zur Besinnung? An der Zeit wäre es, auch um, statt Symbolpolitik zu betreiben, das Licht wieder anzuschalten. Wenn für solche Dinge tatsächlich kein Strom mehr da sein sollte, dann sollte als erstes die Subventionierung von E-Autos völlig eingestellt werden. Die aus Gründen der Stromersparnis immer wieder eingebrachte Empfehlung, Aufzüge und Rolltreppen zu meiden, ist hingegen eine gute Idee, denn für die eigene Gesundheit sich mehr zu bewegen ist vielen nicht wichtig genug. Willkommen in Dunkeldeutschland!