© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

Rock-Rentner macht auf Polit-Controlletti
Eklat: Hamburgs neuer Ehrenbürger Udo Lindenberg zeigt obszöne Geste im Parlament / AfD kündigt juristische Schritte an
Frank Hauke

Benehmen sich so neue Ehrenbürger? Der Sänger Udo Lindenberg hat mit einer strafbewehrten Geste in der Hamburger Bürgerschaft für Empörung gesorgt. Während der Debatte zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft an ihn zeigte er der AfD im Landesparlament den Mittelfinger. Der rot-grün regierte Stadtstaat verlieh dem gebürtigen Westfalen, der seit Jahren in einem Hamburger Hotel lebt, anschließend in einer Zeremonie den Titel.

Die AfD kündigte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT juristische Schritte an. Der Vize-Vorsitzende der AfD-Fraktion in der Bürgerschaft, Alexander Wolf, während dessen Rede der Eklat passierte, sagte: „Ich werde Udo Lindenberg anzeigen. Es kann nicht sein, daß Autofahrer wegen dieser Geste bestraft werden, aber ein Ehrenbürger, der Vorbild sein sollte, ohne Konsequenzen davonkommt.“ Zuvor hatte die Partei eine Entschuldigung Udo Lindenbergs gefordert. 

Wolf hatte den 76jährigen im Parlament als „Künstler mit außergewöhnlichem musikalischen Talent“ gewürdigt, der sich „um das Ende der deutschen Teilung verdient gemacht“ habe. Als gebürtigen Leipziger hätten ihn die Lieder „Mädchen aus Ost-Berlin“ und „Sonderzug nach Pankow“ besonders „tief berührt“, betonte der Politiker in seiner Rede. Mit der Ehrung aber werde Lindenberg, so Wolf, in eine Reihe mit Johannes Brahms, Otto von Bismarck, Helmut Schmidt und Uwe Seeler gestellt: „Und ich bitte, mir das nicht übelzunehmen: Verglichen mit ‘Uns Uwe’, fürchte ich, wird Udo Lindenberg nicht ‘Uns Udo’ werden.“ Daraufhin zeigte Lindenberg den sogenannten Stinkefinger (siehe Foto). Wolf reagierte anschließend empört: „Mit seiner Geste entwürdigte er das gesamte Parlament. Stinkefinger-Udo bestätigt mit seinem flegelhaften und niveaulosen Gebaren den Standpunkt der AfD: Er ist eines Ehrenbürgers unwürdig.“ Die AfD forderte die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung des Ältestenrates zu veranlassen, der sich mit der Geste des Sängers befassen soll. 

Lindenberg hatte die Landtagswahl in Thüringen 2019 in einem Facebook-Beitrag wegen des Ergebnisses von über 23 Prozent für die AfD als „gruselig“ bezeichnet. Mit Björn Höcke sei ein „echter fascho auferstanden aus ruinen“. Weiter schrieb der Musiker: „die gleiche kalte kotze (wie vor 80 jahren) schwappt ihnen wieder aus dem mund... nee, wir brauchen keine rückwärtsgewandten rassisten, hetzer und menschenfeindliche brandstifter mehr in unserm schönen land ... keine böcke auf höcke. das rechte gift, das braune gespenst.“ 

Bei der Zeremonie im Hamburger Rathaus vergangenen Donnerstag nannte es Lindenberg einen „absoluten Hammer und eine Riesenehre“, daß die „geile knallbunte Musik- und Kulturstadt mich jetzt zu ihrem Ehren-Paniker macht.“ Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) würdigte das Bemühen des 76jährigen um die innerdeutsche Verständigung und sein Engagement gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Diskriminierung. Lindenberg sei ein „Botschafter für Toleranz, Frieden und Freiheit“, kurzum ein „Hanseat, nicht von Geburt, aber aus Überzeugung.“