© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

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Aseri-Angriff auf Armenien: Iran tief besorgt

BAKU. In der Nacht von Montag auf Dienstag dieser Woche haben im Südkaukasus Einheiten der aserbaidschanischen Streitkräfte das Feuer auf armenische Ortschaften und Stellungen eröffnet. Videoclips auf armenischen und russischen Nachrichtenkanälen zeigen neben Artillerieeinschlägen auch lange Schützenreihen aserbaidschanischer Infanterie beim Überschreiten der Landesgrenze zwischen den beiden Staaten. Absicht und Ziel der aserbaidschanischen Offensive sind noch unklar, Appelle der Russischen Föderation an Baku, das Feuer einzustellen, blieben bisher unbeantwortet. Zuletzt kam es im Mai vergangenen Jahres zu schweren Gefechten zwischen den beiden Ländern. Rußland, eigentlich die Garantiemacht des 2020 vermittelten Friedens, ist mit Armenien in einem Verteidigungsbündnis, der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit – kurz OVKS – verbunden. Es ist davon auszugehen, daß die aserbaidschanische Seite von einer durch den Krieg in der Ukraine bedingten Ermüdung der russischen Streitkräfte und daher verringerten Einsatzfähigkeit ausgeht. Während die mit Aserbaidschan verbündete Türkei die Armenier dazu aufrief, „Provokationen“ einzustellen, zeigte sich die dritte regionale Großmacht Iran besorgt. Eine Verschiebung der iranisch-armenischen Grenze werde man „nicht hinnehmen“, so ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran. Seit langem strebt die Regierung in Baku gemeinsam mit der Türkei die Herstellung einer durchgehenden Landverbindung zwischen den beiden Hauptstädten an. Bislang wird Aserbaidschan durch Armenien in zwei Teile getrennt, die Exklave Nachitschewan grenzt im Westen an die Türkei, im Osten aber an Armenien. Die komplizierte Grenzziehung der Region ist ein Erbe einer turbulenten Historie, die durch die Sowjet-union über Jahrzehnte zementiert wurde. Während sowohl Aserbaidschan als auch die Türkei kulturell, ethnisch und sprachlich eng verbunden sind, teilen der Iran und Armenien eine über Jahrhunderte gewachsene historische Verbundenheit und eine gemeinsame politische Abneigung gegen die Türkei. Auch die große aserbaidschanische Minderheit im Iran sorgt in Teheran für Mißtrauen gegen türkische panturkistische Bestrebungen. (js)