© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

Mehr als zwei Millionen Zuschauer
Großbritannien: Der rechtskonservative TV-Sender GB News hat sich etabliert und belebt die Debatte
Julian Schneider

Für GB News geht es aufwärts. Der noch junge rechte Fernsehsender auf der britischen Insel, der vor gut einem Jahr startete, hat seitdem eine stabile und ansehnliche Zuschauergemeinde gewonnen und baut trotz linker Werbeboykotts stetig weiter aus. Dazu konnte er noch einmal 60 Millionen Pfund (72 Millionen Euro) frisches Kapital einwerben und sein Startkapital damit verdoppeln. Der US-Medienriese Discovery steigt aus (nach der Fusion mit Warner Media wenig überraschend), dafür haben Brexit-unterstützende Investoren wie der Milliardär Christopher Chandler (Legatum-Fonds) und Sir Paul Marshall ihre Anteile aufgestockt.

Anfangs spottete die Linke noch, GB News habe überhaupt keine Zuschauer. Es gab kleinere technische Pannen, eine linke Cancel-Culture-Organisation („Hope not hate“) versuchte per Twitter Unternehmen zu einem Werbeboykott zu drängen. Der Gründungschef Andrew Neil verließ den Sender schon nach wenigen Wochen wieder. Der Guardian versuchte den Sender als quasi tot herunterzuschreiben. 

Doch GB News hat sich gefangen und hochgearbeitet mit pointierten Meinungssendungen gegen den „woken“ Zeitgeist, auch dank guter Beziehungen zu Zeitungen wie der Daily Mail, Telegraph, Express und Sun. Brexit-Trommler Nigel Farage ist nach Neils Abgang der Hauptmoderator geworden. Nun haben sie noch den früheren Tory-Star Michael Portillo als Chefkommentator eingestellt. GB News ist kein ganz kleines Nischenformat mehr, sondern wird in der nationalen britischen Debatte wahrgenommen. Vor kurzem diskutierten Liz Truss und Rishi Sunak – zu der Zeit noch beide Kandidaten der Tories für die Johnson-Nachfolge in Downing Street – auf dem Sender. Die Zahl der Journalisten und Techniker ist von anfangs 120 auf 200 gewachsen. Zwar ist GB News immer noch ein Zwerg neben der BBC mit ihren mehr als 24.000 Mitarbeitern, aber einige der Sendungen mit profilierten Gästen und klar konservativem Profil gegen die linke Cancel Culture erreichen mehr Publikum als beispielsweise Sky News. Im vierwöchigen Durchschnitt erreicht GB News mehr als 2 Millionen.