© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

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SWR-Intendant deutet nur kleine Reformen an

STUTTGART. Der SWR-Intendant und künftige ARD-Vorsitzende Kai Gniffke hat ein gemeinsames Mantelprogramm aller Dritten mit Regionalanteilen vorgeschlagen. Dies sei „ein Gedanke, den wir in den kommenden Monaten und Jahren intensiv diskutieren sollten“, sagte er der Verlagsgruppe Rhein-Main. Eine Einstellung des ZDF oder des Ersten sei jedoch keine Option. „Ich möchte mir nicht vorstellen, daß wir eines Tages nur noch ‘Tagesschau’ oder ‘heute’ haben.“ Gniffke betonte zudem, am Unterhaltungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen nicht zu rütteln und beispielsweise Volksmusiksendungen „mit Zähnen und Klauen“ zu verteidigen, da diese „das Unterhaltungsbedürfnis von älteren Menschen ansprechen, die unser Land aufgebaut haben“. Gniffkes Äußerungen stellen eine deutliche Absage an grundlegende Reformen der Anstalten dar, während gleichzeitig die Skandale zunehmen. So berichtete die Welt am Sonntag, daß sich in fünf der neun ARD-Rundfunkanstalten und beim ZDF die Senderführungen Dienstreisen selbst genehmigen. Beim NDR läßt Direktorin Sabine Rossbach derweil ihre Arbeit im Landesfunkhaus Hamburg ruhen, nachdem sie Vetternwirtschaft zugunsten ihrer Tochter zugegeben hatte. Zuvor hatten 70 Beschäftigte Rossbach in einem offenen Brief an NDR-Intendant Joachim Knuth das Vertrauen entzogen und von einem „Klima der Angst“ gesprochen. Auch das Kieler Landesfunkhaus kommt nicht zur Ruhe. Ein Gremium von NDR-Journalisten aus Niedersachsen und Hamburg soll hier die Vorwürfe der politischen „Hofberichterstattung“ untersuchen. Externe Experten sollen zusätzlich prüfen, „ob unabhängige Berichterstattung behindert oder gar verhindert wurde“. Gegen den früheren Chef des RBB-Verwaltungsrats, Wolf-Dieter Wolf, steht ebenfalls der Vorwurf der Beeinflussung im Raum. Laut Welt sei der Chefkontrolleur 2013 mit zwei Berichten über die Berliner Messe unzufrieden gewesen, bei der er schon damals im Aufsichtsrat saß. Wolf kontaktierte demnach ein Mitglied der RBB-Geschäftsleitung und ließ über den damaligen Chefredakteur Christoph Singelnstein den verantwortlichen Journalisten einbestellen, um dessen Quellen zu erfahren. Der RBB hatte mit Berichten über kostspielige Bonus-zahlungen und abgerechnete teure Abendessen in der Privatwohnung der mittlerweile gekündigten Intendantin Patricia Schlesinger scharfe Kritik am Rundfunksystem hervorgerufen und eine Welle aufgedeckter Skandale bei der ARD nach sich gezogen. Schlesinger selbst widersprach vergangene Woche im Zeit-Interview den Anschuldigungen. So habe sie das Bonussystem beim Sender bereits installiert „vorgefunden“. Ihren privaten Eßtisch habe sie lediglich „zur Verfügung“ gestellt, um bei kommunikativen Runden den RBB besser in der Hauptstadt „zu verankern“, und weil zuvor eingeholte Angebote von Restaurants „deutlich teurer“ gewesen seien. Zu Schlesingers InterimsNachfolgerin wurde vergangene Woche die bisherige WDR-Managerin Katrin Vernau vom Rundfunkrat gewählt. (gb)





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„Diese Springer-Dialektik des ‘Ich sag was, meine es zur Sicherheit aber ironisch’ gehört in die gleiche Kategorie wie die Twitter-Posts von Donald Trump.“

Journalist Steffen Grimberg in der „taz“