© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

Akademiker-Kinder – Gewinner der Bildungsexpansion
Reduzierte soziale Vielfalt
(dg)

In der Hochschulforschung ist die These weit verbreitet, die massive Expansion akademischer Bildung ginge mit begrüßenswerter Diversität in der Zusammensetzung der studentischen Population einher. Für den emeritierten Erziehungswissenschaftler Andrä Wolter (HU Berlin) und Hochschulforscherin Elke Middendorff (Hannover) bildet diese Behauptung mehr zeitgeistiges Wunschdenken als den Campusalltag ab. Wie sie in umfangreichen Datenvergleichen zwischen Studienanfängern von 1991 und von 2016 ermittelten, trifft die These von der gestiegenen studentischen „Ungleichartigkeit“ allenfalls bedingt zu. Nämlich insoweit, wie sich der Anteil von Ausländern und Deutschen mit Migrationshintergrund erhöht habe (Das Hochschulwesen, 5+6/2021). Orientiere man sich statt an ethnischen an soziologischen Kriterien, habe nicht die Heterogenität, sondern die Homogenität zugenommen. Die Bildungsexpansion reduzierte die „soziale Vielfalt“, da von ihr primär Studenten aus „hochschulnahen Elternhäusern“ profitierten. Männliche Abiturienten mit nicht-akademischem Familienhintergrund, die 1991 mit 20 Prozent die größte Gruppe der Studienfänger stellten, kamen 2016 nur noch auf 13 Prozent. Stattdessen eroberten Frauen mit akademischem Hintergrund das Terrain, deren Anteil sich von 14 auf 28 Prozent verdoppelte. 


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