© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

Meldungen

Fragwürdige Klimarettung durch den Tiefseebergbau

VANCOUVER. Von Tesla-Fans wird verdrängt, daß die E-Auto-Produktion sechsmal mehr Mineralien verbraucht als die von „Verbrennern“. Nach Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird sich deshalb die Nachfrage nach Kupfer bis 2040 verdoppeln, die nach Kobalt vervierfachen und die nach Mangan verachtfachen, sollten bis dahin eine Milliarde E-Mobile unterwegs sein. Doch wo sollen die Rohstoffe herkommen? Vom Pazifikboden, einem 4,5-Millionen-Quadratkilometer-Gebiet westlich von Mexiko und Lagerstätten südlich von Hawaii. Dort will die kanadische Metals Company ab 2024 mit dem industriellen Tiefseebergbau beginnen und in 4.500 Meter Tiefe Manganknollen fördern (Welt-Sichten, 7-8/22). Da die Auswirkungen des NORI-Projekts auf die marine Ökologie weitgehend unbekannt sind, verlangen Meeresschützer ein zehnjähriges Moratorium. Google, Samsung, BMW und Volvo haben angekündigt, keine Metalle von Knollen zu verwenden, solange der ökologische Preis für ihre Gewinnung nicht bekannt ist. (ck)

 metals.co/nori





Das Coronavirus kann auch ins Auge gehen

MÜNSTER. Sars-CoV-2 ist ein Multiorganvirus, das verschiedene Gewebe des Körpers befällt. Autopsien von Covid-19-Toten konnten das Virus sogar in der Netzhaut nachweisen. Dazu paßt, daß während oder nach einer Corona-Infektion vereinzelt Sehstörungen auftreten. Unklar war bislang, welche Netzhautstrukturen befallen werden und ob die Schäden nur eine indirekte Folge des Virus sind. Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin haben darum die Infektionsauswirkungen an Netzhaut-Organoiden untersucht, die sich aus umprogrammierten menschlichen Stammzellen züchten ließen. In den Versuchen infizierte Sars-CoV-2 dieses Material tatsächlich und vermehrte sich darin. Dabei waren vor allem retinale Ganglienzellen sowie Lichtsinneszellen betroffen. Pathologien der Netzhaut sollten daher als mögliche Long-Covid-Folge genauer beobachtet werden (Max Planck Forschung, 2/22). (ck)

 www.mpi-muenster.mpg.de





Was es die Menschheit kostet, einen Baum zu fällen

AACHEN. Für das Projekt „Entwaldung, Pandemien und Klimawandel – eine ganzheitliche ökonomische Analyse“ erhält der Ökonomieprofessor Thomas Lontzek (RWTH Aachen) eine Sachbeihilfe von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Corona-Krise habe den Zusammenhang zwischen der Abholzung der Regenwälder und der Pandemieausbreitung ins öffentliche Bewußtsein gehoben. Mit den Rodungen verschieben sich nicht nur natürliche Barrieren zwischen besiedelten Gebieten und einer unerforschten Tier- und Pflanzenwelt. So kämen Menschen und Nutztiere vermehrt in Kontakt mit Wildtieren, was den Austausch von Erregern begünstige. Nur in der Analyse dieser Zoonosen ließen sich die „wahren sozioökonomischen Kosten“ der Abholzungen quantifizieren. Lontzek verspricht, mit seinen Computer-Modellierungen exakt zu bestimmen, was es die Gesellschaft kostet, einen Baum zu fällen (DFG Jahresbericht 2021). (dm)

 www.compecon.rwth-aachen.de





Erkenntnis 

„Mit der Verlängerung der Laufzeiten bieten wir – anstatt eigenproduzierte Energie zu verknappen – wieder mehr Energie an. Das würde dazu beitragen, die Energiekosten zu senken. Optimal wäre eine Kanzlerentscheidung, die drei bestehenden AKWs zunächst zwei oder drei Jahre weiter laufen zu lassen.“

Thomas Schulz, Vorstandschef des Mannheimer Industriedienstleisters Bilfinger SE