© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

Kabinenklatsch
Begeisterung abgewürgt
Ronald Berthold

Liebend gern hätte ich heute etwas über den Videobeweis geschrieben. Aber da meine Kollegen schon meckern, ich würde mich hier zuviel über Hertha auslassen, muß ich mir ein anderes Thema suchen. Also nichts damit, daß neuerdings ein zweiter „Torwart“ auf dem Feld erlaubt ist, der wie Leverkusens Kossounou den Ball einfach mit der Hand aus dem leeren Tor haut, ohne daß es trotz Videobeweises Elfmeter gibt und ohne daß das „Kölner Keller“ genannte Video Assist Center einschreitet.

Wie wäre es mit Basketball? Unsere Jungs legen ja eine mega-erfolgreiche Heim-Europameisterschaft hin. Ob sie auch das Viertelfinale gegen Griechenland gewonnen haben, weiß ich jetzt, da ich das hier schreibe, noch nicht. Denn die Partie fand kurz nach Redaktionsschluß statt. Aber daß uns die Öffentlich-Rechtlichen keine einzige Live-Minute von diesen Spektakeln gezeigt haben, das weiß ich. So bleibt die Begeisterung in den überfüllten Arenen und kann sich nicht aufs ganze Land übertragen. Das Argument lautet: Interessiert keinen, bringt keine Quote.

Also, wenn ich mir die Hallen so anschaue, in denen Erstliga-Basketball gespielt wird, ist da aber deutlich mehr los als in den Stadien der Frauenfußball-Bundesliga. Der Zuschauerschnitt ist, das ergeben ein paar Klicks im Internet, fünfmal so hoch. Aber die Damen-EM in England haben ARD und ZDF im Sommer gehypt, als gäbe es keinen besseren Sport. Und siehe da: Plötzlich schauten auch Millionen an den Fernsehschirmen zu. Ich gehörte nicht dazu. Als ich dann endlich beim Finale unserer Mädels gegen die Gastgeber einschalten wollte, spielte Hertha gleichzeitig im DFB-Pokal bei Eintracht Braunschweig. Aber lassen wir das. Sonst gibt’s nur wieder Ärger.