© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/22 / 23. September 2022

Streit in der Linkspartei eskaliert
Dem Untergang entgegen
Florian Werner

Als die Linke vor zwei Wochen in Leipzig ihren „Heißen Herbst“ einläutete, lag noch Aufbruchstimmung in der Luft. Davon ist mittlerweile nichts mehr zu spüren. Eine Rede von Sahra Wagenknecht hat alte Flügelkämpfe in der Partei neu entfacht. Rücktrittsforderungen und Beschimpfungen werden ausgetauscht. Wagenknecht habe sich kremlfreundlich geäußert, wettern etwa die Genossen Martina Renner oder Bodo Ramelow. Klaus Ernst und Dietmar Bartsch nehmen die Parteiikone hingegen in Schutz. Der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jan Korte, warnt: „Wenn wir so weitermachen, ist unsere Partei Geschichte.“

Sollte die Linke tatsächlich auseinanderbrechen, wäre das vor allem ihre eigene Schuld, hat sie sich doch in den letzten Jahren immer weiter vom Alltag der Wähler entfernt. Zu belehrend war ihre Attitüde mit der Zeit geworden. Nicht umsonst hat der Philosoph Georg Lukács die kommunistische Schickeria einst als „Grand Hotel Abgrund“ verspottet – mit erhobenem Zeigefinger dem eigenen Untergang entgegen. Seit längerem säße auf der Oppositionsbank im Bundestag dann keine Partei mehr links der Mitte, obwohl die Zeichen auf Krise und Inflation stehen. Die soziale Frage sucht ihren Wortführer im Parlament. Selbst wenn die Partei ihren Niedergang wider Erwarten noch hinauszögern sollte – aufhalten wird sie ihn nicht. Sie hat es sich einfach zu gemütlich über dem Abgrund gemacht.