© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/22 / 23. September 2022

Die EU droht Ungarn mit Entzug von Geldern
Theaterdonner im Parlament
Siegfried F. Franke

Korruption ist ein uraltes Phänomen. Kaum ein Staat kann in dieser Hinsicht eine makellose Weste vorweisen, auch Deutschland nicht, wie der Skandal um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zeigt. Warum nun ausgerechnet Ungarn seit 2010, dem Wahlsieg Viktor Orbáns, immer heftiger werdende Kritik auf sich zieht, scheint rätselhaft. Das Rätsel löst sich, wenn man sich das ungarische Grundgesetz anschaut. Die dort genannten Werte, geschichtsbewußt und fußend auf der christlichen Entwicklung des Abendlandes, finden im nivellierenden und geschichtslosen Brüssel keine Gnade.

Was Korruption anbelangt, so versprach Ungarn seit längerem Abhilfe und arbeitet mit EU-Beamten an entsprechenden Gesetzesvorlagen. Es ist kaum zu erwarten, daß die Kommission an ihrer angedrohten Mittelkürzung festhält; müßte sie doch dann zugleich das Versagen ihrer eigenen Beamten einräumen. Das Ganze ist eher ein Theaterdonner, um das Europäische Parlament, das kurz vorher Ungarn zum wiederholten Male massive rechtsstaatliche Mängel vorwarf, zu besänftigen. Das Parlament gefällt sich immer wieder darin, die oft schon hanebüchenen Vorstellungen der Kommission noch zu übertrumpfen. Offensichtlich finden hier auch EU-interne Institutionskämpfe statt. Die den Beschlüssen des Parlaments zugrundeliegenden Berichte sind nicht sehr valide. Anmerkungen und Richtigstellungen der Regierung in Budapest fallen dabei stets unter den Tisch.






Prof. Dr. Siegfried F. Franke ist Ökonom. Er lehrte an der Universität Stuttgart und an der Andrássy-Universität in Budapest.