© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/22 / 23. September 2022

CD-Kritik: Ottorino Respighi, Ian Bostridge
Canti und Songs
Jens Knorr

Den italienischen Komponisten Ottorino Respighi hat die italienisch-niederländische Pianistin Saskia Giorgini während des Lockdowns im Jahre 2020 für sich entdeckt, als sie nach italienischen Liedern suchte: herzerhebenden Liedern. Der „Generazione dell’ottanta“ zugehörig, ist der 1879 geborene Respighi heute noch bekannt für seine drei symphonischen Dichtungen der „Römischen Trilogie“. Aber nicht für den einstige römische Größe frenetisch beschwörenden Apotheotiker der „Pini di Roma“ hat Giorgini sich und den englischen Tenor Ian Bostridge begeistert, sondern für den neugierigen und vielseitigen Klassizisten, der Neuerungen der älteren und der neueren italienischen Musik zu vergangenheitssüchtigem Gegenwartsstil amalgamierte.

Der erzählende Charakter der Gedichte, der eklektische ihrer Vertonungen kommt der intervenierenden Interpretationsweise Bostridges entgegen. Entspannt entwerfen Bostridge und Giorgini spannende Geschichten und Geschichtchen, zeichnen impressionistische Bilder und Bildchen, über die sie absichtsvoll absichtslos hingleiten. Leicht wollen sie’s machen, sich und uns, mit leichtem Herzen, leichter Stimme halten und nehmen, halten und lassen …

Hier und da mag Bostridges obertonreicher schlanker Tenor in dramatischen Passagen strapaziert, in schmerzvollen greinend klingen, der Klavierpart prägnanter gespielt als der Gesangspart gesungen. Bei Respighis Bearbeitungen italienischer und schottischer Volkslieder sind Pianistin und Sänger ganz bei sich selbst angekommen.

Ottorino Respighi Lieder Pentatone 2021

 www.pentatonemusic.com

 https://saskiagiorgini.com