© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/22 / 30. September 2022

Große Bühne für Annalena
Kino: Auch die zweite Verfilmung aus der „Schule der magischen Tiere“-Reihe will junge Mädchen auf Emanzipationskurs bringen
Dietmar Mehrens

In der Jugendbuchreihe „Die Schule der magischen Tiere“ von Margit Auer geht es um einen fahrenden Zoohändler und seine Schwester, von Beruf Lehrerin, die Schülern der altmodisch geführten Wintersteinschule Totemtiere an die Seite stellen, die ihnen als Seelenspiegel und Selbstbewußtseinssteigerer dienen. So wird aus der Schulklasse, in der die Lehrerin unterrichtet, eine geheime „magische Gemeinschaft“.

Im ersten Teil der Reihe bekam die rothaarige Ida einen Fuchs und ein Klassenkamerad von ihr eine Schildkröte, diesmal sind der von Ida angeschmachtete Jo und die etwas schüchterne Annalena an der Reihe. Ihre Totemtiere sind ein aufgedrehter Pinguin und ein aufmüpfiges Chamäleon.

Als 2021 die Verfilmung des ersten „Schule der magischen Tiere“-Romans in die Kinos kam, gab es in der JF einen Verriß für miserabel getarnte Regenbogenpropaganda (vgl. JF 42/21). Am Erfolg des Zeitgeist-Rührstücks an den Kinokassen änderte das freilich nichts. Der Film war mit 1,7 Millionen Zuschauern die erfolgreichste deutsche Kinoproduktion des letzten Jahres und strich zudem den Deutschen Filmpreis für die besten visuellen Effekte ein.

Nahtlos an Teil eins schließt nun „Die magischen Tiere 2“ an. An der Propagandafront weht diesmal die weiße Fahne. Der Film wirbt zwar immer noch für Diversität und Vielfalt und hat auch wieder eine konformistische Emanzipationsbotschaft im Gepäck, mit der er die weibliche Zielgruppe für den Feminismus begeistern möchte, das alles jedoch mit deutlich schwächer ausgeprägter Aufdringlichkeit als noch vor einem Jahr. 

Auch diesmal dominiert den Film der Konflikt zwischen der „Pretty in Pink“-Liga um die eingebildete Helene (Emilia Pieske) und der regenbogenaffinen Ida (Emilia Maier), zumal beide Mädels ein Auge auf den schnieken Jo (Loris Sichrovsky) geworfen haben. Das Tauziehen um den Jungen kulminiert im Streit um das Musical „Die Legende der Adelheid“, das aus Anlaß des 250. Schuljubiläums aufgeführt werden und in dem Ida Regie führen soll. Die Hauptrolle ergattert Zickenkönigin Helene. Das aber nur, weil ihre Freundin, die musikalischere Annalena (Lilith Johna), sich nicht traut, Helene die Schau zu stehlen. Durch einen Trick des Chamäleons, Annalenas „magischem Tier“, bekommt Ida Wind von dem verborgenem Talent des scheuen Mädchens und möchte die Hauptrolle am liebsten umbesetzen. Bei der basisdemokratischen Abstimmung gibt es ein Patt. Alles kommt nun auf die Stimme von Jo an, der zwar Ida zugetan ist, sich aber von Helene willig becircen läßt.

Für die unverzichtbare Dosis Indoktrination sorgt eine Lehrerin

Wie im Vorgängerfilm gibt es in einer matten Nebenhandlung wieder ein nächtliches Geheimnis zu lüften, das Spannung ins Spiel bringen soll. Die Wintersteinschule wird zum Leidwesen ihres dauerempörten Direktors (Justus von Dohnányi) nämlich Nacht für Nacht von einem unheimlichen Vandalen heimgesucht, der Schulhofplatten aushebt. „Voller Löcher“ nannte Margit Auer daher das zweite Buch der Reihe. Der Hauptkonflikt dreht sich jedoch wie in Erich Kästners „fliegendem Klassenzimmer“ um die Aufführung – und Idas Bemühen, der unterschätzten Annalena die große Bühne zu bereiten. In Auers Vorlage wird übrigens Robin Hood inszeniert – viel zu maskulin! Regisseur Sven Unterwaldt holt ein Maximum an Dramatik aus dem Theater um das Musical heraus, stellt Naturtalent Lilith Johna in den Mittelpunkt der Handlung und beweist so das nötige Gespür dafür, was einen Film trägt. Unterwaldts Vorgänger auf dem Regiestuhl, Gregor Schnitzler, war genau das nicht gelungen. 

Für die unverzichtbare Dosis Indoktrination sorgt Magie-Lehrerin Cornfield (Nadja Uhl), die im Unterricht die „Rolle der Emanzipation in der Feudalgesellschaft“ lehrt und sich durch eine verblüffende Enthüllung am Schluß des Films in ihren innovativen Methoden bestätigt sieht. Wer hätte das gedacht: „Die Legende der Adelheid“ muß in weiten Zügen neu geschrieben werden! Diese Schlußpointe dürfte Miß Cornfield den Verbleib am von ihr so erfolgreich infiltrierten Lehrbetrieb mindestens bis zum Start der „Schule der magischen Tiere 3“ gesichert haben.