© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/22 / 07. Oktober 2022

Gasspeicher und Braunkohleausstieg
Reine Polemik
Holger Douglas

Die Gasspeicher sind zu 91,2 Prozent gefüllt. Kein Grund zur Sorge, Hausaufgaben gemacht – keine Angst vorm Frieren, sondern wohlige Wärme will Wirtschaftsminister Habeck vermitteln. Da stört CDU-Mann Jens Spahn mit purer Polemik, der sich viele anschließen. Habeck wisse gar nicht, welches Gas Deutschland gehöre. Muß er auch nicht, es gibt seit April eine Pflicht der Speicherbetreiber zur strategischen Gasreserve. Wie – ist deren Angelegenheit. 

Die unterirdischen Erdgasspeicher werden wie ein Lagerhaus geführt: Es sind Wirtschaftsunternehmen, die Gas einkaufen, lagern und verkaufen, wenn Nachfrage vorhanden ist und der Preis stimmt. Gasspeicher sind keine Gasquelle. Sie dienen nicht einer Vollversorgung, sondern als Puffer. Es paßt in deutsche Speicher gerade mal die Menge des im ersten Halbjahr 2021 über die Jamal-Leitung aus Westsibirien geflossenen Gases hinein. Nach zwei, drei Monaten wären sie leer. 

Der EU-liberalisierte Gasmarkt funktioniert einfach: geringes Angebot – hohe Preise. Also gilt: Angebot erhöhen. Nicht so einfach, wie die verzweifelte Reisetätigkeit Berliner Politprominenz zeigt. Dabei könnten sie einfach nach Norddeutschland fahren. Dort liegen Vorräte, die Deutschland mindestens zehn Jahre lang vollversorgen könnten. Doch das ist nicht politisch gewollt.

Dazu paßt, daß nun auch RWE früher als geplant aus der Kohle aussteigen will – bereits 2030 und nicht erst 2038. Es ist brandgefährlich, wenn grüne Energiepolitik solche Unternehmen mit so viel Geld zuschüttet, daß der Ausstieg lukrativer als die normale Produktion ist.