© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/22 / 07. Oktober 2022

Im Kulturkampfanzug
Pure Apologie des schlechten Bestehenden: Ein Theaterkritiker streitet für linksgrüne Agitprop-Kunst
Wolfgang Müller

Die Reihen fest geschlossen. Über 4.000 Einrichtungen und Einzelpersonen haben sich bis heute unter dem Dach des Ende 2018 ins Leben gerufenen Kulturbündnisses „Die Vielen“ versammelt.

Die im Netz abrufbare Liste der Unterstützer und Mitläufer bildet eindrucksvoll die bis Posemuckel reichende linksgrüne kulturelle Hegemonie über Theater, Opern- und Konzerthäuser, Kabaretts, Museen, Galerien, Buchhandlungen, Kunstvereine, Zeitschriftenredaktionen ab. Um diese nordkoreanisch anmutende Einheitsfront zu komplettieren, fehlen eigentlich nur die Unterschriften des zu 90 Prozent mit Linksgrün sympathisierenden Personals der Regierungspresse, der GEZ-Sender und der Hochschulen.

Doch trotz überwältigender, täglich offensiv und aggressiv ausgelebter Meinungsmacht fühlen sich unsere „Kulturschaffenden“ in ihrem mit Steuergeldern üppig alimentierten Überbau unbehaglich. Zumindest versuchen sie, diesen Eindruck zu erwecken, offenkundig, um noch mehr „Staatsknete“ abzugreifen. Entsprechend inszeniert der für taz, Tagesspiegel und Süddeutsche Zeitung schreibende Berliner Theaterkritiker Peter Laudenbach in seinem Essay „Der rechte Angriff auf Kunst und Medien“ die hierzulande absolutistisch regierenden Herren über die politisch-kulturellen Diskurse als an Leib und Leben bedrohte Minderheit (Blätter für deutsche und internationale Politik, 8/2022).

Wie der Regale füllende Blätterteig, der in den  letzten Jahren über die „Gefahr von rechts“, „Neurechte Netzwerke“ oder „Intellektuelle Rechtsextremisten“ im Akkord produziert worden ist, sagt auch Laudenbachs Polemik wenig bis nichts über ihren Gegenstand aus, dafür aber alles Wesentliche über das Selbstverständnis des Establishments im Kulturkampfanzug. Aus Sicht dieser notorisch Guten, Progressiven, Woken, der manichäischen Sicht der verfolgten Unschuld, sind die Bösen stets die Anderen. Die Wirklichkeit läßt sich schwerlich dreister auf den Kopf stellen. Obwohl für jeden mit politischer Urteilskraft Begabten erkennbar ist, daß die internationale Kulturszene mehrheitlich seit langem im Dienst der zwischen Silicon Valley und Davos zum Sturm auf die „weißen, heteronormativen“ Gesellschaften blasenden Einpeitscher der „Großen Transformation“ steht, suggeriert Laudenbach, nicht dieser global agierende politisch-mediale Komplex greife an, sondern werde angegriffen von denen, die sich gegen ihre Abschaffung in bislang noch rührend hilfloser Weise „populistisch“ zu wehren versuchen.

Doch ihr Widerstand richtet sich für ihn nicht gegen konkrete, nicht zuletzt in der Haushaltskasse schmerzlich fühlbare Verschlechterungen ihrer Lebenswelt, sondern gegen die „offene, pluralistische Gesellschaft als solche“, wenn er nicht ganz und gar bloß „Selbstzweck“ ist. Irrationale Lust und pure Freude an der „Spaltung“, an der „Zerstörung von Dialogfähigkeit und Common Sense“, sei die Essenz der auf „Konflikteskalation“ zielenden „rechtsextremen Strategie“. Man lebte unter dem Patronat von Bill Gates, George Soros und Klaus Schwab in der besten aller möglichen „liberalen“ Welten, gäbe es da nicht jene lärmenden „Abgehängten“ und „Modernisierungsverlierer“, das ewige gallische Dorf jener, die sich mit ihrem „Schicksal“ partout nicht abfinden wollen.  

Auf Inhalte des vermeintlich selbstzweckhaften Protestes geht Laudenbach schon deshalb nicht ein, weil er den rosa Elefanten, das Herz der „Großen Transformation“, den rasant exekutierten Bevölkerungsaustausch in West- und Mitteleuropa, nicht thematisieren darf. Hier endet die scheinheilig reklamierte „Dialogfähigkeit“ der Kultur einer „offenen Gesellschaft“. Nur für Zitatenhäppchen hebt er vorsichtig den Vorhang. Wenn er beklagt, daß Kulturpolitiker der AfD in Landtagen, Stadt- und Gemeinderäten auf Kunst-Projekte mit hier lügnerisch so titulierten „Geflüchteten“ immer häufiger mit Anträgen auf Etatkürzungen reagierten. Oder er jammert, daß die AfD in Sachsen-Anhalt ein Musikfestival, das mit einem „Projekt mit geflüchteten Syrern“ kooperierte, als „Agitation gegen das eigene Volk“ attackierte, die der Staat nicht finanzieren sollte. Oder der meinungsfreudige Vielschreiber nimmt die Identitäre Bewegung aufs Korn, weil sie „gezielt Kulturveranstaltungen als Bühne für ihre spektakulären Auftritte mißbraucht“, um in 68er-Happening-Manier den Multikulti-Agitprop in Häusern wie dem Wiener Burgtheater zu stören. Oder Laudenbach sieht einmal mehr die „Kunstfreiheit“ bedroht, wenn die Gewalt gegen Polizisten verherrlichende „antifaschistische Band Feine Sahne Fisch Filet“ ihren Auftritt bei der „Schulkinowoche“ in Bad Schwartau absagen muß. Wegen einer anonymen Bombendrohung! Die wie in vielen anderen Fällen in seiner „SZ-Chronik rechter Übergriffe“ ebenso gut von „antifaschistischen“ Provokateuren oder gleich direkt vom Verfassungsschutz hätte stammen können.

Laudenbach verwechselt in diesem Kulturkampf nicht nur Ursache und Wirkung, Aktion und Reaktion. Er bemerkt auch nicht, daß die „pluralistische Gesellschaft“, die er zu verteidigen vorgibt, in Zeiten postdemokratischer, „marktkonformer Demokratien“ (Angela Merkel) längst ein Potemkinsches Dorf ist. 80 Prozent der Bundesgesetze werden nicht in Berlin, sondern Brüssel gemacht.

Zudem begreift der Theaterkritiker den Unterschied zwischen Kunst und Kitsch nicht. Ein wahres Kunstwerk, so definiert Altmeister Adorno, decke die Widersprüche des Gewordenen auf und transzendiere sie, um eine Ahnung vom „unbeschädigten Leben“ zu vermitteln. Alle Schmähungen dieser Welt verdienender Kitsch hingegen, zu dem die links-grüne Parteiideologie des Multikulturalismus in „Künstlerhand“ gesetzmäßig gerinnt, beschränkt sich auf die „pure Apologie des schlechten Bestehenden“ – eben der „klimaneutralen einladenden Einwanderungsgesellschaft“ (Annalena Baerbock). 

 www.blaetter.de

 https://dievielen.de/