© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/22 / 07. Oktober 2022

Der teure Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft
Grüner Kolonialismus
(dg)

Die Geschichte des Kapitalismus ist seit Beginn der Industrialisierung untrennbar mit der Nutzung der fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas verbunden. Daher spiegelten Förderung, Transport und Verarbeitung dieser Energieträger stets die globalen Macht- und Herrschaftsverhältnisse wider und waren regelmäßig Auslöser geopolitischer Konkurrenzen. Daß sich diese Verhältnisse mit dem Übergang zum „grünen Wasserstoff“, dem „Hoffnungsträger für einen postfossilen Kapitalismus“, ändern könnten, dafür besteht für den „Nachhaltigkeitsforscher“ Tobias Haas (Potsdam) und den Politologen Felix Syrovatka (FU Berlin) wenig Aussicht. Vielleicht erfülle dieser Treibstoff der „klimaneutralen“ Wirtschaft die grüne Vision, den Klimawandel zu stoppen, ohne mit „etablierten Lebensweisen Konsumnormen brechen zu müssen“ (Politikum, 2/2022). Aber der Strombedarf der Wasserstoffwirtschaft sei derart hoch, daß die Industrieländer nur einen Bruchteil des benötigten Wasserstoffs selbst herstellen können. Der Löwenanteil müsse aus dem globalen Süden importiert werden. So deute alles darauf hin, daß die dafür nötigen energetischen Produktions- und Lieferketten einen „grünen Kolonialismus“ begünstigen, der bestehende neokoloniale Abhängigkeiten verfestigen und neue geopolitische Konflikte provozieren werde. 


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