© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/22 / 14. Oktober 2022

Grüße aus … Rom
Immer gern auf Pump
Paola Bernardi

Der lange römische Sommer in diesem Jahr mit seinen extrem hohen Temperaturen ist nun vorüber. Auch in Ostia, dem römischen Strand, sind die Sonnenschirme und Liegen wieder in den Depots und nur die Möwen bevölkern den Strand. Mögen auch Inflation und Energiekosten noch so hoch sein, Urlaub muß sein, die Bräune gilt noch immer als sichtbarer Meßgrad. 

Jede italienische Familie geht im „heiligen“ August in die Ferien. Wenn man keine Verwandten hat, bei denen man unterschlüpfen kann, nimmt man eben Kredit bei der Bank auf. Eine Tatsache, die für einen Deutschen kaum zu begreifen ist, daß ein ganzes Land fast immer auf Pump lebt: Man zahlt die Wohnung ab, das Auto (immer das neueste Modell), das Handy und so eben auch den Kredit für die Urlaubsreise. 

Auch für die römischen „Pappagalli“ ist nun die Saison zu Ende gegangen. Sie, die überwiegend ihre nordischen Opfer an den Touristenorten wie Fontana di Trevi oder auf der Spanischen Treppe ansprechen, können sich jetzt ausruhen. Es sind diese schönen, gebräunten römischen Jungmänner, meistens baumelt eine dicke Goldkette um ihren Hals auf ihrer glattrasierten Brust. Sie beherrschen ihre schmeichelnden Worte natürlich in mehreren Sprachen. Nach der langen Pandemie war dieses Jahr sehr erfolgreich für sie. So manche Ausländerin denkt im kalten Winter noch sehnsuchtsvoll an die Worte ihres „roman lover“. 

Aus Frust über diese Absage schmiß er nacheinander Büsten in den Vatikanischen Museen von ihren Sockeln.

Die Römer sind nun wieder unter sich, können ihre Stadt genießen. Und plötzlich sieht man neuerdings Palazzi, an denen man bisher achtlos vorbeigegangen ist. Sie stehen im neuen Glanz da und erstrahlen jetzt im Herbstlicht in Parma-Gelb oder im sanften Beige.

Rom lebt von seiner Schönheit der Vergangenheit. Doch nicht alle sehen diese Einmaligkeit der Ewigen Stadt. So wurde in diesem heißen Herbst eine Touristin erwischt, die ihren Namen ins Kolosseum ritzte. Junge Ausländer lieferten sich mit ihren Motorrollern ein Wettrennen auf der Spanischen Treppe. Ausgerechnet am Ende der Saison wurde der Vatikan durch einen gravierenden Vandalismus-Akt erschüttert. Ein US-Tourist, der angeblich den Papst sehen und sprechen wollte – was natürlich abgelehnt wurde–, schmiß aus Frust über diese Absage nacheinander Büsten bei der Besichtigung der Vatikanischen Museen von ihren Sockeln, ehe das Wachpersonal eingreifen konnte. Es handelte sich dabei um römische Porträts aus der Sammlung von Papst Julius (1443 bis 1513) im Museum Chiaramonti. Die vatikanischen Sicherheitskräfte überwältigten den Banausen und übergaben ihn der italienischen Polizei. Zwei Büsten wurden beschädigt – am Ohr und an der Nase. Die Restaurierung hat bereits begonnen.