© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/22 / 14. Oktober 2022

„Ideen für eine bessere, humanere Welt“
Wirtschaftsphilosopie: Jubiläumsveranstaltung des Ludwig-von-Mises-Instituts / Optimistische Stimmen in der „Schönen neuen Welt“
Christian Dorn

Wie jedes Jahr im Oktober versammeln sich auch diesmal zweihundert Jünger der Österreichischen Schule der Nationalökonomie im Hotel Bayerischer Hof. Zum inzwischen zehnten Mal findet diese Konferenz statt und sie widmet sich nun der „Freiheitskultur des Westens“. Schließlich erlebten wir die größte Bedrohung der Freiheit seit dem Zweiten Weltkrieg, so Thorsten Polleit, Präsident des Ludwig-von-Mises-Instituts in Deutschland. Die durch die Abkehr von fossilen Brennstoffen befeuerte Energiekrise oder die Corona-Politik und das damit verknüpfte Konzept des „Great Reset“ stünden für eine Neuauflage der marxistischen Verelendungstheorie.

Demnach vernichte der moderne Mensch die Natur, weshalb nur ein allmächtiger Staat etwas dagegen unternehmen könne. Tatsächlich aber seien all diese Phrasen von Mises widerlegt worden, etwa im 1922 erschienenen Buch „Die Gemeinwirtschaft“. Hier begründete er, warum eine Planwirtschaft nicht funktionieren könne. Die heutige „masochistische Selbstgeißelung“, so der moderierende Unternehmer Andreas Tiedtke, wie sie etwa in den Forderungen nach Verzicht, Distanz, veganer Ernährung oder Verteufelung des Autoverkehrs zu beobachten sei, mahne zur Verpflichtung, das Projekt der Kantschen Aufklärung nicht nur als intellektuelle Aufgabe, sondern auch als eine des Mutes zu begreifen. Zu Zeiten von Mises sei der „Kapitalismus“-Begriff noch frei von staatlichem Interventionismus, wie er uns heute in „Public-Private-Partnerships“ heimsucht, gewesen.

Die moderne Zensurmethode der Demonetarisierung bei Youtube

Über die „Grenzen der Freiheit in der modernen Gesellschaft“ reflektierte der Philosoph Michael Esfeld, der die postmodernen Phänomene im Zuge von „Klimarettung“ und Corona-Politik sezierte. Wer die Losung „Follow the Science“ ausgebe, offenbare, von Wissenschaft nichts verstanden zu haben. Zugleich erlebten wir eine Kontrolle des Körpers, obwohl durch die Covid-Impfungen mehr Schaden als Nutzen entstanden sei. Unter dem Generalverdacht, durch den eigenen Lebenswandel andere zu schädigen, werde der „Erwerb eines Sozialpasses“ notwendig, etwa in Form eines Impfpasses, „mit dem man seinen Gehorsam gegenüber dem Regime beweist“. Der „zertifizierte Mensch“ trete an die Stelle des mündigen Bürgers, und „Belohnungen für Konformität“ ersetzten die Grundrechte. Zugleich erlebten wir die Umdeutung der Sprache: Die Pandemie werde nicht mehr durch eine Übersterblichkeit in allen Altersgruppen, sondern nur noch durch eine Infektion definiert, selbst dann, wenn letztere symptomlos bleibt.

Ermutigendes trug Gerd Habermann vor, dessen jüngstes Buch („Freiheit in Deutschland“) ein wahrliches Vermächtnis dokumentiert, sei die deutsche Geschichte doch zugleich eine „Offenbarung an libertären Schätzen“, wie einst 3.000 Republiken im einstigen „Märchenland des Partikularismus“ dokumentierten. Angesichts der Hiobsbotschaften mahnte der Mitgründer der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft zu Optimismus: „Steigende Flut – macht die Boote flott!“ Die einzigen Leute, die keine Probleme hätten, lägen auf dem Friedhof.

Weniger optimistisch klangen da die Gedanken von Gunnar Kaiser, der – trotz juristischen Sieges über Youtube – bis heute keine Auszahlungen erhalte, was der Video-Blogger als „Zensurmethode der Demonetarisierung“ definierte. Kaisers Reflexion über die postmoderne Ideologie des Transhumanismus und die „vierte industrielle Revolution“ beleuchtete dabei die beiden Seiten der Medaille: tatsächlichen Fortschritt, zugleich aber ein neues Abhängigkeitsverhältnis, in dem die Natur nur durch die Technik eingetauscht werde. Deren Allmacht in der „Schönen neuen Welt“ (Aldous Huxley) sei aber nicht das Ende der Geschichte, jedenfalls seien die stark auf Algorithmen bauenden heutigen Monopole wie Amazon, Apple oder Google nicht an sich problematisch, dies werde es erst, wenn das Monopol vom Staat komme.

Mit Blick auf die Währungsgeschichte dozierte der Ökonom Polleit, daß das Geldsystem am besten funktioniert habe, wenn es sich in einem Währungswettbewerb befunden habe. Dieser heilsame Prozeß sei durch die Euro-Einführung gekappt worden. In diesem Sinn, so schloß der Ökonom, stehe die Österreichische Schule für die Hervorbringung von „Ideen für eine bessere, humanere Welt“.

 www.youtube.com

 www.misesde.org