© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/22 / 14. Oktober 2022

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Spaziergang durch den Kiez, in dem es zahlreiche Einzelgewerbetreibende, Arztpraxen, Apotheken und Gastronomiebetriebe gibt, außerdem Filialen zweier Drogeriemarktketten, ein großes Bekleidungs- und ein Schuhgeschäft, zwei Supermärkte. Auffallend dabei sind die Aushänge in den Schaufenstern: der eine Bäcker sucht Verkaufspersonal, der andere außerdem noch Gesellen und Kraftfahrer, der Schreibwarenladen sucht Filialleiter, Mitarbeiter im Verkauf und Aushilfen (Minijob), der Krimskrams-Discounter Verkäufer in Teilzeit, die Zahnarztpraxis sucht Leute für die „Behandlungsassistenz“ (Quereinsteiger/Umschüler sind willkommen) und die Apotheke einen Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA), ein Friseurladen sucht Azubis, ein Barber Shop einen Friseur, die Fahrschule eine Bürokraft. Und in meinen beiden Lieblingslokalen werden dringend Tresen- und Servicekräfte gesucht. Gewiß handelt es sich hierbei um eine Momentaufnahme aus der Mikroperspektive. Doch in vielen Branchen herrscht akuter Personalmangel, vor allem im Handwerk sowie in der Alten- und Krankenpflege. Deshalb kurz gefragt: Was treiben eigentlich die jugendlichen Aktivisten der „Letzten Generation“ so den lieben langen Tag über, außer sich irgendwo festzukleben?

Lebende Meerschweinchen und Kaninchen in Wagners „Ring“ sorgen für Protest von Tierschützern.

Nichts ist so vorhersehbar wie Antworten von Politikern an einem Wahlabend.


Mit der „Götterdämmerung“-Premiere endete vergangenen Sonntag die Tetralogie der neuen Inszenierung von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Nahezu einhellige Meinung der Beobachter: ein Triumph vor allem für den Dirigenten Christian Thielemann. Er sprang für Daniel Barenboim ein, der wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag aus gesundheitlichen Gründen passen mußte. Inzwischen wird der 63jährige gebürtige Berliner Thielemann sogar schon als dessen Nachfolger als Generalmusikdirektor der Staatsoper gehandelt. Aber zurück zum „Ring“. Die Neuproduktion des russischen Regisseurs Dmitri Tcherniakov erntete sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern zwiespältige Reaktionen. Für Ärger sorgten unter anderem – völlig zu Recht – im „Rheingold“ und der „Walküre“ eingesetzte lebende Kaninchen und Meerschweinchen, die dort zeitweise in Käfigen eingesperrt sind, die als Kulisse für ein Versuchslabor dienen. Die Tierrechtsorganisation Peta protestierte dagegen und appellierte an die Verantwortlichen, auf die Tiernutzung zu verzichten. Mit Erfolg: Wie die Tierschützer am Montag dieser Woche mitteilten, habe der Opernintendant Mat-thias Schulz zugesichert, für die weiteren geplanten Aufführungstermine keine Meerschweinchen mehr einzusetzen. Außerdem soll die Anzahl der Kaninchen von 30 auf 20 reduziert werden. „Tiere sind nicht auf dieser Welt, um auf der Bühne einem beängstigenden und ungewohnten Szenario aus lauter Musik und hellem Licht ausgesetzt und als vermeintliche Zuschauerattraktion beliebig hin und her transportiert zu werden“, erklärten die Tierschützer. Bleibt nur zu hoffen, daß die Staatsoper komplett auf den Einsatz von Tieren verzichtet.