© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/22 / 14. Oktober 2022

„Nicht wissenschaftlich geprüft“
Haben die Coronaimpfstoffe von Pfizer und Moderna häufiger schwerwiegende Nebenwirkungen als gedacht?
Mathias Pellack

Einer der 44.000 Probanden bekam die Covid-mRNA-Impfung verspätet. Das nahm Biontech zum Anlaß, die für April zugesagte Veröffentlichung der Rohdaten der Zulassungsstudien um neun Monate aufzuschieben. Auch Moderna verschob die  Veröffentlichung auf Dezember. „Ich bleibe bei meiner Meinung: Keine Daten, keine Wissenschaft – und auch von ‘wissenschaftlich geprüft’ kann keine Rede sein“, schimpft Peter Doshi in der Welt. Der Amerikaner ist kein Verschwörungstheoretiker, sondern Pharmazieprofessor an der Universität von Maryland und Mitherausgeber des British Medical Journal (BMJ).

Doshi veröffentlichte mit sechs Kollegen eine aufsehenerregende Metastudie, die eine erhöhte Zahl an „schwerwiegenden Nebenwirkungen“ bei beiden mRNA-Impfungen findet. Der Berliner Klinikdirektor für Infektiologie an der Charité, Leif Erik Sander, hält die Schlußfolgerungen für unzulässig. Die Berechnung basiere auf „kraß manipulativer Statistik“, schrieb er auf Twitter.

Leider läßt sich bisher nicht exakt überprüfen, welche Aussagen korrekt sind, denn die Pharmariesen halten die Patientendaten weiter zurück. Doshi fordert allerdings seit Jahren von den Pharmakonzernen mehr Transparenz. 2009 ging es um das Grippemedikament Tamiflu vom Schweizer Hersteller Roche. Das BMJ bemühte sich jahrelang um die Rohdaten, weil es keine unabhängig finanzierte Studie über das Mittel gab. Aus der 2013 veröffentlichten detaillierten Dokumentation des Schriftverkehrs zwischen dem BMJ und Roche ging dann hervor, daß sich weltweit Gesundheitsbehörden „mit unvollständigen Unterlagen des Pharmakonzerns begnügt“ hatten und „für Milliarden Steuergelder Tamiflu“ auf Vorrat eingekauft hatten.

Genauso verfährt auch Karl Lauterbach (SPD). Der Gesundheitsminister habe „bei der Impfstoffbestellung jedes Maß und Ziel verloren“, ätzte Stephan Pilsinger, Arzt und CSU-Bundestagsabgeordneter. Derzeit seien insgesamt 101 Millionen Impfstoffdosen eingelagert. Grundlage für diese Einkaufspolitik ist aber eine Verordnung des früheren Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU), der schon im Mai 2020 den Weg für den Masseneinkauf ebnete. Sogar die angegebenen Verfallszeiten darf das Ministerium damit außer acht lassen.

Weiter bestimmt die jüngst verlängerte Verordnung eine Beweislastumkehr. Im Normalfall müssen Pharma-Hersteller beweisen, daß ihre Medikamente einen konkret aufgetretenen Schaden nicht verursacht haben. Dank Spahn muß aber nun der Impfling belegen, daß ein Schaden Nebenwirkung einer konkreten Impfung ist. Die Publikation der Rohdaten würde solch eine Überprüfung erheblich zugunsten der Bürger vereinfachen.

Metastudie über mRNA-Nebenwirkungen:

 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36055877

 Kommentar Seite 2