© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/22 / 21. Oktober 2022

Meldungen

Jedes vierte Stasi-Opfer hat seine Akten ignoriert 

AMSTERDAM. Seit 1991 haben ehemalige DDR-Bürger die Möglichkeit, Einsicht in ihre personenbezogenen Akten zu nehmen, welche vor der „Wende“ vom Ministerium für Staatssicherheit angelegt wurden. Von diesem Recht machten bislang allerdings nur zwei Millionen Menschen Gebrauch. Über die Gründe hierfür berichten Ralph Hertwig vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und Dagmar Ellerbrock von der Technischen Universität Dresden jetzt im Fachblatt Cognition: International Journal of Cognitive Science: Wie aus einer Umfrage unter 134 Betroffenen und 22 Zeitzeugeninterviews hervorgehe, sei das Hauptmotiv für das „gewollte Nichtwissen“ die Befürchtung, daß die Akten Familienangehörige oder Freunde und Kollegen als Stasispitzel entlarven könnten (12/2022). Darüber hinaus gibt es aber noch andere Anlässe, auf Akteneinsicht zu verzichten. So sagten viele der Befragten, die Informationen besäßen keinerlei Bedeutung für ihr heutiges Leben – und die Vergangenheit sei nun einmal vorbei. Ansonsten hat fast jeder vierte Untersuchungsteilnehmer die Akten ignoriert, weil er sich nach wie vor als überzeugter DDR-Bürger fühlt und die Tätigkeit der Staatssicherheit eher positiv bewertet. (ts)

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Herzstück des ottonischen Pfalzkomplexes freigelegt

HALLE (SAALE). Die lange verschollene Helphideburg, welche im 10. Jahrhundert zu einer Pfalz avancierte, in der die ostfränkischen Könige und römisch-deutschen Kaiser Otto I. und Otto II. residierten, war im Jahre 2009 mittels geophysikalischer Methoden auf der Anhöhe Kleiner Klaus unweit von Helfta, einem Ortsteil der Lutherstadt Eisleben, lokalisiert worden. Seit Anfang 2021 führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA) dort Ausgrabungen durch. Dabei kamen zunächst die Grundmauern der um 968 erbauten dreischiffigen Radegundiskirche zum Vorschein. Und in diesem Sommer stießen die Archäologen dann auch noch auf das ehemalige Herzstück des ottonischen Pfalzkomplexes, nämlich das unweit des Sakralbaus gelegene Palatium, in dem die Herrscher seinerzeit wohnten und auch Gäste empfingen, wenn sie „zu Helpidi“ Hof hielten (Pressemitteilung des LDA vom 26. September 2022). Das rund zwanzig Meter lange und zwölf Meter breite Gebäude aus vermörtelten Sandsteinmauern besaß zwei Stockwerke, zahlreiche Räume und mehrere Eingänge sowie auch eine ausgeklügelte Heizungsanlage und muß auf die Menschen damals ähnlich beeindruckend gewirkt haben wie die benachbarte Kirche. (ts)

 www.archlsa.de/





Erste Sätze

Dieses Buch ist in politischer Absicht geschrieben, so sehr Geistesgeschichte und politische Ideengeschichte die Betrachtung bis ins Wort hinein bestimmen.

Herbert Kremp, Am Ufer des Rubikons. Eine politische Anthropologie, Stuttgart 1973





Historisches Kalenderblatt

21. Oktober 1872: Der von Großbritannien und den USA als Schiedsrichter angerufene Deutsche Kaiser Wilhelm I. spricht die heute zwischen Vancouver und Seattle liegenden San Juan Islands den Vereinigten Staaten zu und beendet damit einen zwölfjährigen Kolonialkonflikt.