© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/22 / 28. Oktober 2022

Rishi Sunak wird britischer Premierminister
Schicksal der Partei ist besiegelt
Eric Kaufmann

Nun soll es Rishi Sunak richten: Der ehemalige britische Finanzminister beerbt Liz Truss, die sich nur sechs Wochen im Amt des Premierministers halten konnte. Boris Johnson hatte zuvor nur drei Jahre überstanden, obwohl er einst eine gewaltige Mehrheit von 80 Sitzen im Parlament erhielt. Das Scheitern von Johnson und Truss weist auf ein tieferes strukturelles Problem der Tories hin: Sie sind eine Partei der Liberalen, die versuchen, eine konservative Wählerschaft zu regieren. Ihre Politiker werden von der Partei angezogen, entweder weil sie Karriere machen wollen und die Partei gewöhnlich an der Macht ist, oder weil sie Anhänger einer „Es lebe der freie Markt“-Ideologie sind. 

Ihre Wähler aber sind kulturelle Traditionalisten, die tendenziell älter, weniger gebildet und weniger urban sind. Diese Diskrepanz trägt zur Erklärung bei, warum die Partei unpopulär ist und wahrscheinlich auch in Zukunft gespalten bleiben wird. Boris Johnson ist ein Liberaler mit einer „woken“ Frau, dessen Hauptinteresse an der Politik Boris Johnson gilt. Liz Truss ist eine kämpferische Libertäre. Beide haben nichts gegen die Masseneinwanderung getan. Truss forderte sogar höhere Zahlen, obwohl nur sieben Prozent ihrer Wähler dies wünschen. Der nächste Parteivorsitzende wird mit Rishi Sunak ein weiterer Marktliberaler sein, der die Basis in ähnlicher Weise frustrieren und das Schicksal der Konservativen bei den Wahlen 2024 besiegeln wird.






Prof. Dr. Eric Kaufmann ist Professor für Politikwissenschaft am Birkbeck-College der Universität London.