© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/22 / 28. Oktober 2022

Zitate

„Putins Entscheidung, den Krieg zu beginnen, war ein großer Schock für die russischen Eliten, die nicht konsultiert wurden und keine Vorankündigung erhielten. (...) Die Leute aber hielten zu ihrem Präsidenten, weil es der sicherste Weg war, zu überleben. Ab September begann sich das zu ändern. Nachdem Putin diesen Krieg als persönliches Überraschungsprojekt gestartet hat, befindet er sich nun in einer Situation, in der er nicht mehr isoliert entscheiden kann. Es geht nicht so sehr darum, wie die Eliten Putin bedrohen können, sondern darum, wie Putins eigene Position allmählich geschwächt wird, wenn seine Pläne scheitern. Auch wenn die Eliten nach wie vor für Putin sind, werden sie frecher und entschlossener.“

Tatiana Stanovaya, Geschäftsführerin der politischen Analysefirma R.Politik, in der US-Zeitschrift „Foreign Affairs“ am 19. Oktober





„Die alternative Vision der gegenwärtigen Europäischen Union ist auf dem Vormarsch und gewinnt an Boden. Dieser Trend ist Teil eines umfassenderen kulturellen Bruchs, dessen Folgen unumkehrbar zu sein scheinen: die Konsolidierung einer Rechten, die sich nicht dem Globalismus unterwirft (...) und die die Idee eines starken Nationalstaats verteidigt.“

Jorge Martín Frías, Direktor der spanischen Denkfabrik Fundación Disenso (Stiftung Widerspruch), auf der US-Onlineseite „The Daily Signal“ am 20. Oktober





„Es gibt einen Typus junge Frau, der vor allem in Berlin relativ häufig auftritt: in Räumen immer, oft auch im Freien mit Maske unterwegs, den Cappuccino mit Sojamilch trinkend, sich vegetarisch oder vegan ernährend, in irgendeinem Büro einem fortschrittsdienlichen Job nachgehend, gesund und allein lebend; ein Typus Mensch, der niemanden hat, um den er sich kümmern kann, und sich deswegen die ganze Zeit um sich selbst kümmern muß, diese triste Tatsache aber vor sich selbst kaschiert mit der Vorstellung, der Menschheit, der Gesellschaft, der Zukunft zu dienen.“

Michael Klonovsky, Essayist, auf seinem Blog „Acta diurna“ am 21. Oktober





„Wenn aus Gründen der Koalitionsräson bestimmte Themen tabuisiert werden, entsteht ein Repräsentationsdefizit. (…) Kein Wunder, daß eine Partei wie die AfD versucht, die Repräsentationslücken zu füllen. Dabei beweisen ihre Vertreter Gespür für Mehrheitsstimmungen, die sonst kaum aufgegriffen werden. Zwei Drittel der Deutschen lehnen etwa das Gendern in Medien und Öffentlichkeit ab, sagt eine Umfrage von infratest dimap. Bei den Öffentlich-Rechtlichen zeigt man sich davon unbeeindruckt.“

Malte Lehming, leitender Redakteur, im „Tagesspiegel“ am 21. Oktober





„Hinter all dem Chaos in Großbritannien verbirgt sich ein ernsteres Problem – die Frage, wer das Land wirklich regiert. Im Moment scheinen es ‘die Märkte’ zu sein. Praktisch alles, was man über Rishi Sunak lesen kann, besagt, daß er der Mann ist, der die Märkte beruhigen kann. Er wird ‘das Vertrauen der Märkte zurückgewinnen’, so der New Statesman. Er werde eine ‘beruhigendere Figur’ für die Märkte sein als Boris. ‘Die Märkte geben den Ton an’, lautet eine Schlagzeile bei Bloomberg, und es scheint tatsächlich so zu sein. (...) Sie haben gewählt, und sie haben Rishi gewählt. Und da haben Sie es. Wir brauchen keine Parlamentswahlen, weil die Märkte unseren Premierminister für uns ausgewählt haben.“

Brendan O’Neill, Chefkommentator, im britischen Online-Magazin „Spiked“ am 24. Oktober