© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/22 / 28. Oktober 2022

Schaum der Woche
Kein Prosit
Christian Vollradt

Das Maß ist voll, weil die Maß es nicht war. So könnte man in einem Satz zusammenfassen, was der Münchner Kreisverwaltungsrat (KVR) soeben feststellte. Etwas ausführlicher: Die Sicherheits- und Ordnungsbehörde der bayerischen Landeshauptstadt hat beim vor kurzem zu Ende gegangenen Oktoberfest ihre Kontrolleure ausgesandt, um festzustellen, ob die Besucher des berühmtesten Volksfests der Welt auch soviel Bier zu trinken bekamen, wie sie bezahlen mußten (im Schnitt 13,37 Euro pro Maß). Das Ergebnis ist ernüchternder als ein post-komatöses Nickerchen am berüchtigten „Kotzhügel“: Nur 14,3 Prozent der insgesamt 825 geprüften Krüge enthielten tatsächlich einen ganzen Liter Bier. Im Jahr 2018 waren noch satte 50,6 Prozent der Gemäße korrekt mit einem Liter befüllt. Wobei die Hopfen-Sheriffs eine Toleranzbreite von 15 Millimetern unterhalb des Füllstrichs einräumen. Doch 257 Krüge auf der Wiesn wiesen weniger als 0,9 Liter nach. Das entspricht 31,2 Prozent und damit fast einem Drittel an zu beanstandendem „Unterschank“. Das war dem KVR zuviel des Zuwenig und so bestellte die Bierordnungsbehörde die Sprecher der Wiesnwirte zum Rapport ein. Die zeigten sich reuig. „Die schlechten Werte sind natürlich nicht in Ordnung. Auch für uns“, zitieren die lokalen Medien den Betreiber des  Armbrustschützenzelts, Peter Inselkammer. „Da entschuldigen wir uns“, räumte der Gastronom ein. Und präsentierte zugleich eine Ursache für die Mißfüllstände. Schuld sei, wie so häufig, der Fachkräftemangel. Wegen Corona habe es zwei Jahre keine Wiesn gegeben, nun sei das Personal diesmal oft neu und unerfahren gewesen. Ist ja auch schwer, den Unterschied zwischen Bier (gelb) und Schaum (weiß) zu erkennen. Sollen die knickrigen Isarpreiß’n doch Champagner trinken – mit garantiert 1,5 Litern in der Mag-numflasche (jedenfalls bis zum Sabrieren).