© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/22 / 28. Oktober 2022

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Rund 200 Kilometer beträgt die Entfernung zwischen Berlin und dem nächstgelegenen Ostseestrand. Schon zu Kaiser Wilhelms Zeiten galt zum Beispiel Usedom mit Orten wie Heringsdorf und Ahlbeck den Berlinern als ihre „Badewanne“. Der Trend, an heimischen Gestaden zu urlauben, ist bis heute ungebrochen. Laut einer Erhebung der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren sind in den letzten zwölf Monaten rund 6,09 Millionen Menschen an die Ostsee gefahren. Nach Anzahl der touristischen Übernachtungen ist Rügen die beliebteste Ostseeinsel, gefolgt von Usedom. Und auch jetzt noch, im Herbst und demnächst Winter, lockt die Region mit ihren ganz besonderen Sinnenreizen, getreu dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Und nicht zu vergessen: Gegenwind stärkt den Charakter. Wer es dennoch in absehbarer Zeit nicht an die nordostdeutsche Küste schafft, für den hat der Rostocker Hinstorff Verlag jetzt eine neue Geschenkbuchreihe aufgelegt. Die beiden Titel „Land und Meer. Ein Spaziergang in Bildern“ und „MeerZeit. Ostseeorte zum Entspannen“ sind vorzüglich dafür geeignet, sich dem Seelenfrieden hinzugeben und die Zeitspanne bis zum nächsten Ostsee-Aufenthalt zu überbrücken. Den Landschafts-, Architektur- und Stimmungsfotos sind in dem ersten Buch informative Fakten und eine Karte beigestellt, in dem zweiten Aphorismen. Die beiden Geschenkbücher kosten jeweils 16 Euro. Weitere Informationen im Netz unter www.hinstorff.de

Jeden Tag kannst du

überall in Berlin beobachten, wie sich eine Stadt zerstört.

Aus meiner Sammlung schöner Sätze: „Das Heer der Ungetrösteten scheint jeden Tag zu wachsen, und alle sitzen irgendwann in einer Inselkirche.“ (Dörte Hansen in ihrem Roman „Zur See“, Penguin, München 2022)


Jeden Tag kannst du überall in Berlin beobachten, wie sich eine Stadt zerstört. 


Inspiriert durch den Publizisten Heimo Schwilk, der jüngst in einem profunden Aufsatz in der Weltwoche (Ausgabe vom 20. Oktober) Friedrich Nietzsche als einen der großen Stichwortgeber unserer Zeit charakterisiert hat, nehme auch ich mal wieder Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ zur Hand und stolpere in dem Kapitel „Vom neuen Götzen“ prompt über diese Sentenzen: „Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: ‘Ich, der Staat, bin das Volk.’ (…) Wo es noch Volk giebt, da versteht es den Staat nicht und haßt ihn als bösen Blick und Sünde an Sitten und Rechten.“ (…) Aber der Staat lügt in allen Zungen des Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt – und was er auch hat, gestohlen hat er’s.“


Satt auf die Ohren: 290 Lieder auf 25 CDs umfaßt die Komplettbox „40 Jahre“ der deutschen Rockband Böhse Onkelz, limitiert auf 5.000 Stück, erschienen bereits in diesem Frühjahr. Und noch immer gilt für die medial weitgehend Geächteten und Diffamierten die Zeile aus einem ihrer Songs: „Wir können es uns leisten, euch zu Feinden zu haben.“