© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/22 / 04. November 2022

Frisches Blut gesucht
USA: Kurz vor den wichtigen Zwischenwahlen bangen die Demokraten um ihre Zukunft
Liz Roth

Das Wasser steht den Demokraten bis zum Hals. Die kommenden Zwischenwahlen am 8. November werden laut den jüngsten Umfragen ein deutliches Zeichen setzen und zeigen, ob das amerikanische Volk der Biden-Regierung weiter seinen Zuspruch gibt. Momentan sieht es allem Anschein nach so aus, als ob eine rote Welle kommen wird und die Republikaner sowohl das Repräsentantenhaus als auch den Senat mehrheitlich übernehmen werden. Selbst den pro-demokratischen Medienhäusern fällt es schwer, ein positives Bild über die Chancen ihrer Partei zu malen. Die Washington Post gestand ein, daß die Demokraten Schwierigkeiten haben, werden, Wahlbezirke wie Miami-Dade in Florida, einst blaue Hochburgen, halten zu können. 

Eine Studie der Trafalgar Group von Mitte Oktober zeigt, daß 48,2 Prozent ihre Unterstützung den Republikanern geben und nur 42,4 Prozent sich für die Demokraten entscheiden werden. Weitere 9,4 Prozent waren zu dem Zeitpunkt noch unentschieden. 

Die letzten Zahlen des Fernsehsenders CBS zeigen, daß die Republikaner mindestens 15 Sitze im Repräsentantenhaus gewinnen werden. Somit hätten sie 228 Sitze gegenüber 207 Sitzen der Demokraten. Auch im Senat sind Veränderungen zu erwarten. Die Republikaner müssen mindestens 51 Sitze erreichen, um das derzeitige 50:50-Unentschieden im Senat zu brechen. 

Die Demokraten haben derzeit die Macht in der Kammer inne, da der Vizepräsident in diesem Fall die ausschlaggebende Stimme hat. Rick Scott, Vorsitzender des National Republican Senatorial Committee, sagte im Gespräch mit CNN vergangene Woche, die Republikaner würden ein Minimum von 52 Sitzen bekommen. „Wir werden alle 21 zur Wahl stehende Sitze behalten.“ Scott erklärte weiter, daß Herschel Walker in Georgia gewinnen werde, Mehmet Oz könne Pennsylvania und Adam Laxalt Nevada gewinnen. „Aber ich denke, wir haben allen Grund zu glauben, daß wir auch mit Blake Masters in Arizona und mit Don Bolduc in New Hampshire weiterkommen“, betonte Scott. 

Die Republikaner geben sich siegessicher

„Das ist unser Jahr“, fügte er hinzu. „Die Demokraten können nicht mit dem antreten, was sie in den vergangenen zwei Jahren getan haben. Die Menschen mögen und wollen das nicht, was sie getan haben. Sie mögen die hohe Inflation nicht. Sie mögen nicht, daß die Benzin- und die Lebensmittelpreise gestiegen sind. Die Menschen mögen keine offenen Grenzen und keine hohe Kriminalität. Und genau dafür sind die Demokraten bekannt.“ 

Die Stimmung bei den Demokraten ist angespannt. Der Mehrheitsführer im Senat, Charles Schumer, wurde kürzlich dabei ertappt, wie er in einem Gespräch mit Präsident Joe Biden seine Besorgnis über bestimmte Senatssitze zum Ausdruck brachte. „Der Staat, in dem es mit uns bergab geht, ist Georgia“, sagte Schumer zu Biden. „Es ist schwer zu glauben, daß sie sich für Herschel Walker entscheiden werden.“ Walker ist ein ehemaliger American-Football-Spieler, den Barack Obama bei einer Wahlveranstaltung vergangenes Wochenende einen „Promi-Kandidaten“ nannte. Die Lage für die Demokraten ist so prekär, daß sie auf Obamas Popularität hoffen, um noch einen Umschwung zu schaffen. Schumer und Biden sind alarmiert, denn nach einer katastrophalen Debatte für die Demokraten in Pennsylvania sehen auch dort die Chancen schlecht aus. 

Der Fernseharzt Mehmet Oz kandidiert für die Republikaner und hatte anfangs wenig Unterstützung. Sein Gegner, Vizegouverneur John Fetterman, hat durch einen Schlaganfall Mitte des Jahres, einen Teil seiner kognitiven Fähigkeiten verloren. „Er kann nichts dafür, aber dennoch bekommt er meine Stimme nicht. Es ist nicht seine Schuld, aber ich möchte, daß mein Senator in der Lage ist, Pennsylvania bestmöglich zu vertreten“, erklärte ein Wähler, der erst unentschieden war, nach der Debatte gegenüber dem Fernsehsender Fox News. Mittlerweile hat sich Oz einen Vorsprung von über drei Punkten erarbeitet. 

Da die Aussichten für die Demokraten wenige Tage vor dem Wahltag immer düsterer werden, haben einige Kandidaten der Partei, die Gefahr laufen, ihre Rennen zu verlieren, begonnen, die Ablösung der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, des Mehrheitsführers im Senat, Chuck Schumer, und von Präsident Biden zu for-dern. Und das, obwohl ihre Abstimmungsergebnisse weitgehend mit denen der Parteiführung übereinstimmen.

Kürzlich trat die demokratische Abgeordnete Elissa Slotkin aus Michigan in der Sendung „Meet the Press“ des linken Senders MSNBC auf und forderte eine vollständige Erneuerung der demokratischen Führung auf allen Ebenen. „Wir benötigen neues Blut, überall in der Demokratischen Partei, im Repräsentantenhaus, im Senat und im Weißen Haus“, sagte sie, woraufhin die 82jährige Pelosi später in einer anderen Sendung des Senders antwortete, daß es „keinen Ersatz für Erfahrung“ gebe.

Für die Republikaner ist die Lage entspannter, und sie nutzen die letzten Tage vor den Zwischenwahlen, um Wähler in traditionellen demokratischen Staaten zu gewinnen. Die republikanischen Gouverneure Ron DeSantis aus Florida und Glenn Youngkin aus Virginia landeten am vergangenen Wochenende in New York, um den Abgeordneten Lee Zeldin zu unterstützen, der versucht, die demokratische Gouverneurin Kathy Hochul in einem unerwartet engen Rennen abzulösen. Laut einem RealClearPolitics-Report liegt Zeldin in den Umfragen nur noch 7,3 Prozentpunkte hinter der amtierenden Gouverneurin. 

Großes Mißtrauen gegenüber der Stimmenauszählung 

Auch im „blauen“ Connecticut hat der Republikaner George Logan eine reale Chance auf einen Sitz im Repräsentantenhaus. Laut einer Umfrage von CT Examiner/Fabrizio, Lee & Associates liegen Amtsinhaberin Jahana Hayes und Logan mit jeweils 45 Prozent gleichauf.

Die größte Sorge für die Konservativen ist ein sauberer Ablauf der Wahlen. Ein Netzwerk konservativer Basisgruppen hat Tausende von Wahlbeobachtern und Wahlhelfern rekrutiert, die am 8. November Wahllokale im ganzen Land besetzen sollen.

Die Aktivisten wollen vermeiden, daß sich das Mißtrauen gegenüber den Wahlergebnissen von 2020 wiederholt und haben in zehn umkämpften Bundesstaaten Arbeitsgruppen für die Wahl-integrität in den Bezirken eingerichtet, die Freiwillige in Wahlgesetzen und -verfahren schulen. Allein in Pennsylvania werden nach Schätzungen der Organisatoren am Wahltag mehr als zehnmal so viele Wahlbeobachter vor Ort sein wie bei den Wahlen 2020.

„Wir bemühen uns sehr, um sicherzustellen, daß unsere Wahlen transparenter und freier sind“, sagte Toni Shuppe, eine der Leiter der Bemühungen in Pennsylvania, laut Washington Times. „Das schlimmste Ergebnis, das wir haben könnten, wäre ein ähnliches wie bei der Wahl 2020, bei der die Wähler nicht darauf vertrauen, daß die Ergebnisse korrekt sind. Das ist das Letzte, was wir wollen.“