© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/22 / 04. November 2022

Meldungen

EZB verkündet weitere kräftige Zinserhöhung

FRANKFURT. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat vorige Woche eine weitere Zinsanhebung um 0,75 Prozentpunkte verkündet. Damit steigt der Leitzins, zu dem sich Banken Geld bei der EZB leihen können, auf zwei Prozent. Die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität erhöhen sich auf 2,25 bzw. 1,50 Prozent. „Wir haben den heutigen Beschluß gefaßt und gehen davon aus, daß wir die Zinsen weiter anheben werden, um eine zeitnahe Rückkehr der Inflation auf das mittelfristige Zwei-Prozent-Ziel zu gewährleisten“, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Die Geldentwertung sei „deutlich zu hoch“ und werde „auch für längere Zeit über unserem Zielwert bleiben“, so die frühere Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF). „In den letzten Monaten führten stark steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise, Lieferengpässe und die nach der Pandemie wieder stärkere Nachfrage dazu, daß der Preisdruck an Breite gewann und die Inflation zunahm“, so Lagarde. Die EZB-Geldpolitik ziele nun „darauf ab, die Unterstützung der Nachfrage zu reduzieren und dem Risiko vorzubeugen, daß sich die Inflationserwartungen dauerhaft nach oben verschieben“. Im Oktober war die Inflation im Euroraum von 9,9 auf 10,7 Prozent gestiegen. (fis)

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Droht „Überreaktion“ bei Inflationsbekämpfung?

BOSTON. Der US-Ökonom Kenneth Rogoff hat vor einer „Überreaktion“ der Geldpolitik bei der Inflationsbekämpfung gewarnt. „Es war sicher ein Fehler der Notenbanken, mit den Zinsanhebungen so lange zu warten, weil es ein bis zwei Jahre dauert, bis diese Schritte ihre volle Wirkung auf die Wirtschaft entfalten, das Wachstum und den Arbeitsmarkt dämpfen und damit die Inflation senken“, erklärte der Harvard-Professor im Wiener Standard. Aber nun bestehe die Gefahr, daß die Zentralbanken „auf diesen Fehler einen noch folgenreicheren folgen lassen, indem sie Zinsen zu sehr anheben im Glauben, damit ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen zu können. In Wahrheit würden sie damit eine große Rezession auslösen“, meinte Rogoff. Er rechne mit einem „globalen Investitionsschub“: Durch den Konflikt mit Rußland werde viel Geld im Bereich fossiler Brennstoffe gebraucht, „selbst in Kernenergie wird investiert. Die USA und die Europäer rüsten zudem auf“, so der frühere IWF-Chefökonom. (fis)

 economics.harvard.edu





Zahl der Woche 

8,3 Prozent der EU-Bevölkerung lebten 2021 in Haushalten, die über 40 Prozent ihres verfügbaren Einkommens fürs Wohnen ausgeben mußten. Am höchsten war der Anteil in Griechenland (28,8), Dänemark (15,5) und den Niederlanden (12,5). In Deutschland waren 10,7 und in Österreich 6,1 Prozent durch Wohnkosten überbelastet. In Malta und Litauen (2,7 Prozent) sowie in Irland, Ungarn und Zypern (2,5 Prozent) war das ein Randphänomen. Quelle: Eurostat/Destatis