© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/22 / 04. November 2022

Filmkritik Moloch
Archaischer Glauben
Werner Olles

Nach dem Tod ihres Mannes zieht die junge Witwe Betriek (Sallie Harmsen) mit ihrer kleinen Tochter zu ihren Eltern Roeloff (Fred Goessen) und Elske (Anneke Blok), die in einer abgelegenen Gegend in den Niederlanden am Rande eines Moores und einer Marschlandschaft leben. In der Abgeschiedenheit ihrer alten Heimat will die Musikerin ihr Leben neu ordnen. Doch schon bald wird ein alter, exzentrischer Einwohner, der sich als Hobby-Archäologe betätigte, tot aufgefunden, kurz nachdem er bei seinen Grabungen auf eine mumifizierte Frauenleiche stieß.

Dies ruft eine Gruppe professioneller Archäologen auf den Plan, die unter der Leitung von Jonas (Alexandre Willaume) sehr zum Unwillen der Alteingesessenen ihre Ausgrabungen beginnen. Während Betriek mit Jonas eine Affäre beginnt, taucht ein unheimlicher Mann im Haus ihrer Eltern auf und versucht Elske zu töten, was Roeloff in letzter Sekunde verhindern kann. Doch dann häufen sich seltsame Ereignisse vor Ort, und eine uralte Legende, die mit heidnischen Bräuchen und Kulten in Zusammenhang steht, scheint wieder aufzuleben …

1973 begründete der britische Regisseur und Schauspieler Robin Hardy mit seinem wegweisenden Klassiker „The Wicker Man“ ein neues Subgenre: „Folk-Mystery“ beziehungsweise „Folk-Horror“. 2006 erschien ein völlig mißglücktes Remake von Neil LaBute, und 2011 drehte Hardy eine enttäuschende Fortsetzung seines Originals. In den letzten Jahren erschienen Robert Eggers’ „The Witch“ (2016), vor allem aber Ari Astors von der Kritik hochgelobte und mit Auszeichnungen überhäufte Folk-Horrorfilme „Hereditary“ (2018) und „Midsommar“ (2019).

Der niederländische Regisseur Nico van den Brink legte nun in diesem Jahr mit „Moloch“ sein Langfilmdebüt vor, eine Mischung aus Folk-Mystery und Folk-Horror, dessen düstere Atmosphäre um eine fluchbeladene Familie und eine bewußt von der Zivilisation zurückgezogen lebende Dorfbevölkerung im Prinzip altmodischen Grusel zelebriert. Doch eigentlich geht es in „Moloch“ um uralte Mythen, verborgene Wahrheiten, Legenden, Geheimnisse und Riten und um die Interpretation und Inszenierung eines archaischen Glaubens. An die erwähnten großen Vorbilder reicht der Film zwar nicht ganz heran, verzichtet aber dafür auf vordergründige Schocks und setzt stattdessen auf eher subtilen Schrecken.

DVD/Blu-ray: Moloch. Splendid Film/WVG 2022, Laufzeit etwa 99 Minuten