© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/22 / 04. November 2022

Von Propheten und Skandalen
Auch der Gründer des Islams hatte Schwächen und Fehler
Werner Olles

Vor über zehn Jahren legte der Marburger Medizinhistoriker, Biologe, Verleger und Publizist Armin Geus mit „Die Krankheit des Propheten“ einen „pathographischen Essay“ vor, der die diversen Psychosen Mohammeds diagnostizierte und analysierte, die von religiösem Wahn bis zur paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie reichten und bereits in der Zeit seines unseligen Wirkens recht gut belegt waren. Aktuell hat Geus mit dem schmalen Band „Ibrahims Vater“ noch einmal nachgelegt und damit ein brisantes Thema vertieft, das bislang leider auch nicht in den Islamwissenschaften der anglo-amerikanischen und europäischen Orientalistik behandelt wurde.

Es geht um die koptische Sklavin Maria al-Quibtya, die im Sommer 629 gemeinsam mit ihrer Schwester Sirin und in Begleitung eines Eunuchen als „diplomatisches Geschenk“ des orthodoxen Patriarchen Cyrus von Alexandria Mohammed in Medina überreicht wurde. Ein Jahr danach brachte sie einen Sohn zur Welt, der Ibrahim genannt wurde. In den islamischen Schriften wird der Prophet zwar als dessen leiblicher Vater bezeichnet, obwohl er bekanntlich schon zum Zeitpunkt der Geburt seit Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen einer chronischen Infektion des Urogenitalsystems zeugungsunfähig war. Mohammed selbst verdächtigte den Eunuchen, die junge Frau geschwängert zu haben und beauftragte seinen Schwiegersohn Ali, als die Gerüchte um seine zweifelhafte Vaterschaft immer lauter wurden, den Eunuchen unverzüglich zu töten. Beim Anblick des nackt badenden Mannes konnte Ali sich jedoch davon überzeugen, daß der Kastrat keine Schuld hatte. Der Prophet beanspruchte nun die Vaterschaft für sich.

Erstmals stellt der Verfasser im vorliegenden Essay die umstrittene Vaterschaft Mohammeds zur Diskussion und untersucht kritisch dessen durchaus widersprüchliches Verhalten. Damit versteht sich das Büchlein auch als Beitrag zur wissenschaftlichen Demontage der verhängnisvollen Legende, der Prophet habe stets unfehlbar entschieden und vor allem einen vollkommen untadeligen Lebenswandel geführt. Tatsächlich hatte die Ankunft Marias im Harem bereits einen Skandal ausgelöst, der dessen Fortbestand gefährdete. Es war also nicht allein der synkretistische Zugriff Mohammeds auf altarabische, jüdische und christliche Traditionen, die bitteren Demütigungen seiner Kindheit und Jugend und die Möglichkeit, der „Liebling Allahs“ sei von Dämonen beherrscht, die etliche seiner Zeitgenossen zu der Überzeugung kommen ließen, er sei ein „Zauberer, Lügner und Besessener“. Es war wohl nicht zuletzt auch seine bedrohte männliche Vitalität, die ihn nach und nach in den Wahn hineindrängte.

Armin Geus: Ibrahims Vater. Basilisken-Presse, Marburg an der Lahn, 2022, gebunden, 63 Seiten, 14,80 Euro