© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/22 / 04. November 2022

Umwelt
Woke Bauernfeinde
Paul Leonhard

Neuseeland hat etwa zehn Millionen Rinder, aber nur 5,1 Millionen Einwohner. Molkereiprodukte machen 30 Prozent des Exportvolumens aus, das überwiegend in den asiatischen Raum geht. Doch 2017 wurde Jacinda Ardern „Young Global Leader“ sowie Premierministerin. Und die Labour-Parteichefin hat auf dem Weltwirtschaftsforum versprochen, die Agrargroßmacht im Südpazifik bis 2050 „klimaneutral“ zu machen. Schon bis 2030 soll der Methanausstoß um zehn Prozent sinken, denn CH4 sei 25mal klimaschädlicher als CO2 – und größter CH4-Produzent seien Rinder. Zwar sollen die Kuhrülpser erst ab 2025 besteuert werden, aber viele Landwirte haben inzwischen reagiert – und aufgegeben. Vergeblich habe man versucht, mit der Regierung eine Lösung zu finden, erklärte Andrew Hoggard, Präsident des Agrarverbands Federated Farmers, in der New York Post: „Stattdessen verkaufen sie jetzt ihre Felder so schnell, daß man nicht mal die Hunde auf den Pick-up-Trucks bellen hört, weil sie so schnell wegfahren.“

Die Senkung der Methan-Emissionen werde den Farmern helfen, die besten für die Welt zu sein.

Pikant ist: Hoggard hatte 2003 als Umweltminister die Idee der Rülpssteuer erstmals in einen Gesetzentwurf eingebracht, doch die Idee scheiterte nach Farmerprotesten. Ob das Parlament diesmal zustimmt? Wie hoch die Steuer ausfallen wird, ist unklar. Die Entscheidung ist für Dezember geplant. Die Senkung der Emissionen werde den Farmern helfen, „nicht nur die besten der Welt zu sein, sondern auch die besten für die Welt“, meint die 42jährige woke Regierungschefin: Kein anderes Land der Welt habe bisher ein System zur Bepreisung von landwirtschaftlichen Emissionen entwickelt, „also werden unsere Farmer davon profitieren, Vorreiter zu sein“. Daß Neuseeland nur für 0,09 Prozent der weltweit von Menschen verursachten „Klimagase“ verantwortlich ist – egal. Deutschland (1,8 Prozent Anteil; elf Millionen Rinder) ist auf dem selben Irrweg: „Die Entwicklung der Tierbestände soll sich an der Fläche orientieren und wird in Einklang mit den Zielen des Klima-, Gewässer- und Emissionsschutzes (Ammoniak/Methan) gebracht“, heißt es bürokratisch im Ampel-Koalitionsvertrag. Aber immerhin sollen die Bauern „auf dem Weg zur Klimaneutralität im Rahmen des Umbaus der Nutztierhaltung unterstützt werden“.