© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/22 / 11. November 2022

Wird der digitale Euro eingeführt?
Klingt schön, ist es aber nicht
Thorsten Polleit

Wirtschaftsminister Christian Lindner (FDP) pries die mögliche „Einführung eines digitalen Euro“ jüngst als „großen Innovationssprung“. Doch Vorsicht: Digitales Zentralbankgeld (CBDC) ist ein Wolf im Schafspelz. Das Adjektiv „digital“ klingt zwar modern und zukunftsorientiert. Doch das täuscht. Die CBDCs sind keinen Deut besser als herkömmliche „nicht-digitale“ Währungen. Auch digitales Zentralbankgeld ist staatlich monopolisiertes, jederzeit beliebig erzeugbares, in nichts einlösbares Geld.

Kaum jemand spricht es öffentlich aus, aber digitales Zentralbankgeld soll das Bargeld verdrängen. Damit wird das Geld der Menschen unwiderruflich im Bankensektor eingeschlossen. Die Zentralbank kann es nach Belieben durch Negativzinsen enteignen. Finden die CBDCs Akzeptanz, bekommt die Zentralbank immer mehr Zahlungen unter ihre Fittiche. Es liegt auf der Hand, daß dann das Wenige, was von der finanziellen Privatsphäre noch übrig ist, auch noch unter die Räder kommt. Nicht zuletzt wäre ein digitaler Euro programmierfähig: Es läßt sich bestimmen, wer wann was kaufen darf. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, es mit einem „Credit Score“-System nach dem Vorbild Chinas zu verbinden. Digitale ID, digitaler Impfpaß plus digitales Zentralbankgeld – damit wäre der Weg in ein digitales Weltgefängnis nicht mehr weit. Allein die Möglichkeit dieser Entwicklung mahnt zur Vorsicht: Digitales Zentralbankgeld öffnet die Tür zur Tyrannei!






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Chefökonom der Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH.